"Unbegreiflich, dass gesunde Bäume gefällt werden"

05.11.2007 | Stand 03.12.2020, 6:22 Uhr

Schön zugewachsen ist der Innenhof des Studienseminars im Laufe der Jahrzehnte. Im Zuge der Mitteltraktsanierung soll "freigeschnitten" und auch die Kastanie (im Bild links) entfernt werden. - Foto: r

Neuburg (r) Das Descartes-Gymnasium bekommt bald neue Klassenzimmer und Fachräume. Ein Wermutstropfen mischt sich in den Zugewinn für die Schule: Zumindest ein großer Baum muss im Innenhof des Studienseminars dem Umbau weichen.

Neben Rieseneiben hat sich eine mächtige Kastanie im Laufe der Jahrzehnte direkt an der Fassade hochgeschoben. Jetzt soll der Baum weg, weil er die künftigen Klassenzimmer beschattet. "Mir ist das unverständlich", sagt Gartenbau-Kreisfachberater Erwin Pommer dazu. Wenn eine Schule einen derart prächtigen Sauerstoffspender sozusagen als anschauliches Objekt des Biologieunterrichtes vor der Haustüre habe, dann müsse man solche Großbäume auch schätzen und schützen. Praktische Beispiele seien besser als Theorie. Pommer: "Ich halte künftig mit allen Mitteln dagegen, dass wir große und gesunde Bäume entfernen".

Im Fall des Seminarhofes steht der Fachberater allerdings allein. Der städtische Grünreferent Christian Smyzcek hat die Fällung bereits genehmigt: "Der Baum steht zu nahe an den Fenstern, die Beschattung ist nachvollziehbar". Die Ausnahmegenehmigung nach der Baumschutzverordnung ist von Oberstudiendirektor Franz Hofmeier beantragt und von der Stadtverwaltung erteilt worden. Seminar-Stiftungsvorstand Max Pfannschmidt hat Verständnis dafür: "Die Schüler müssen hier sogar im Sommer das Licht einschalten". Ab Mittag finde kein Sonnenstrahl mehr den Weg zu diesen Fenstern.

Das Baumthema spaltet aber auch die Schülermeinungen – das ist dem vom Landkreis beauftragten Architekten Jörg Hauk nicht entgangen. "Den Kastanienbaum", so sagt der Planer, "haben wir uns lange angeschaut". Wenn man aber mehr Tageslicht in die betroffenen Klassenzimmer bringen wolle, müsse der Baum gefällt werden. Der Unterricht laufe meistens mit Kunstlicht, außerdem beeinträchtigen die Wurzeln das Mauerwerk.

Der Architekt, selber Absolvent des örtlichen Gymnasiums und Kenner des Studienseminars, will auch die hohen Eiben zuschneiden, um Licht zu schaffen. Jörg Hauk schwebt die Wiederbelebung des alten Klostergartes der Ursulinen vor. Im Moment sehe der Innenhof ein bisschen verwachsen aus. Einen ungepflegten Eindruck macht er aber keineswegs.

Die ganze Konzentration gilt nun dem Umbau des Mittelbaus, den der Landkreis vom Seminar über Erbpacht übernommen hat. In den Weihnachtsferien laufen die Vorarbeiten, "im Januar wollen wir voll starten" , so der Architekt. Der Kreis investiert 2,5 Millionen Euro für sechs zusätzliche Klassenzimmer, drei Zeichensäle und einen Konferenzraum. Das Descartes-Gymnasium mit knapp 1400 Jugendlichen in 42 Klassen (plus Kollegstufe) nutzt derzeit jeden Quadratmeter. Ab September 2008 soll der Zusatzbau von Lehrern und Schülern "besetzt" werden.