Thalmässing
Umschüler im Lehramt

Die Realschullehrer Christoph Schäfer und Daniel Setzke qualifizieren sich in Thalmässing weiter für Arbeit an Mittelschule

07.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Sie drücken zwar nicht mehr die Schulbank wie ihre Schützlinge in Thalmässing, doch auch die ausgebildeten Realschullehrer Daniel Setzke (2. von links) und Christoph Schäfer (2. von rechts) lernen derzeit kräftig dazu. Sie qualifizieren sich in einer sogenannten Sondermaßnahme zu Mittelschullehrern. - Foto: Luff

Thalmässing (HK) Für beide ist es eine Win-win-Situation, wie es so schön auf Neudeutsch heißt: Für die Mittelschüler in Thalmässing macht sich der Lehrermangel, der an dieser Schulart eigentlich herrscht, weniger bemerkbar. Und die Junglehrer haben endlich eine Zukunftsperspektive.

"Der Frust ist bei vielen da", sagt Daniel Setzke. Bei vielen jungen Lehrern in Bayern. Bei denjenigen, die ein Lehramtsstudium abgeschlossen und danach auch noch die Referendariatszeit erfolgreich hinter sich gebracht haben. Dann aber bei der Joblotterie leer ausgegangen sind, einfach weil ihre Fächerkombinationen in Gymnasium oder Realschule nicht gefragt sind. Ein minimaler Prozentsatz der Bewerber hat im Freistaat überhaupt Aussichten auf eine Anstellung - und meist nicht als Beamter. Mittelschullehrer dagegen gibt es auf dem Arbeitsmarkt keine mehr. Der 32-jährige Daniel Setzke aus Hilpoltstein und sein Kollege Christoph Schäfer (30) aus Greding haben für sich die Lösung gefunden: Die beiden studierten Realschullehrer lassen sich in der Mittelschule in Thalmässing gerade für diese Schulart umschulen. Mit dieser "Sondermaßnahme", wie es auch offiziell heißt, will der Freistaat die eklatanten Unterschiede bei der Bewerberzahl ein wenig ausgleichen, der grassierende Mangel an der Mittelschule zwingt ihn dazu.

"Man ist halt auf der Warteliste", schildert Schäfer seine Situation nach dem Referendariat 2014. "Man kommt zum Zug - oder eben nicht." In seinem Fall war es "eben nicht", der Deutsch- und Englischlehrer war nach der Referendariatszeit für jeweils ein Jahr in Fürth und Neumarkt angestellt, auch schon als Mittelschullehrer für eine Übergangsklasse. Bis Ende Juli wohlgemerkt, die Sommerferien musste der Arbeitgeber somit nicht bezahlen.

Daniel Setzke ist es nur unwesentlich besser ergangen. Seine Fächerkombination Mathematik und Betriebswirtschaftslehre/Rechnungswesen (BwR) erschien erst sogar einem Gymnasium in Bamberg attraktiv, im Jahr darauf ging es für ihn an die Hilpoltsteiner Realschule. "Ich habe Glück gehabt, ich habe die Sommerferien bezahlt bekommen", sagt er mit gequältem Lächeln.

Eine echte Zukunftsperspektive waren die befristeten Verträge aber für beide Lehrer nicht. Und so griffen sie zu, als das Kultusministerium Realschul- und Gymnasiallehrern eine Chance auf eine unbefristete Stelle inklusive Verbeamtung eröffnete - allerdings als Grundschul- oder Mittelschullehrer: Diese so bezeichnete Sondermaßnahme erstreckt sich über zwei Jahre. In dieser Zeit müssen sie sich bewähren.

Der Wechsel der Schulart ist weder für Schäfer noch für Setzke gravierend, wie beide betonen. Am Gymnasium habe er ohnehin nicht unterrichten wollen, so Schäfer. Für die Realschule habe er sich dann entschieden, weil er "mehr ins Fachliche einsteigen" wollte. Doch sei dies höchstens im Studium der Fall, nicht aber im Schulunterricht, wie er später gemerkt habe. Überdies hätten ihn die höheren Verdienstaussichten gereizt, gibt er zu. Doch im Angestelltenverhältnis sei der Gehaltsunterschied mit etwa 3000 Euro im Jahr nicht übermäßig. "Eher gravierend ist der Unterschied bei Beamten und Angestellten", wirft Setzke ein, da könnten es schon bis zu 11 000 Euro im Jahr sein. Er habe vor dem Studium eine Ausbildung absolviert, war also vergleichsweise spät dran und wollte deshalb schnell zum Abschluss kommen. So sei es ihm wichtig gewesen, dass alle Fachbereiche auf einem Campus angesiedelt waren - wie in Bayreuth. Dann aber wurde dort der für ihn ebenfalls interessante Studiengang Lehramt für die Mittelschule ausgerechnet dort eingestampft, so sei die Wahl auf die Realschule gefallen. "Du bist immer noch Lehrer", kommentiert Setzke den Wechsel der Schulart pragmatisch. "Und bevor ich mich ins Büro setze . . ."

Natürlich gibt es Unterschiede: "Wir sind Fachidioten - die sind breiter aufgestellt", sagt Setzke und lacht. An der Mittelschule arbeite er "weniger fachlich ausgerichtet", ergänzt Schäfer. Ihm falle es derzeit sogar leichter, etwa Mathe zu unterrichten, sagt der Englischlehrer, der in Thalmässing diese Sprache in allen Klassen unterrichtet. Denn in seinem ureigenen Fach müsse er das Niveau schon anpassen, räumt er ein. Zudem laufe der Unterricht mehr über das Mündliche als an der Realschule. In Mathe dagegen "muss ich selbst noch alles nachrechnen". Er könne so mitunter den Lösungsweg handfester erklären.

Im Pädagogischen dagegen sehen die beiden Umschüler im Lehramt wenig Nachholbedarf. Er habe zehn Module in den Erziehungswissenschaften studiert, erzählt Daniel Setzke: "Das war wie ein drittes Fach." Auch Christoph Schäfer findet hier kaum Unterschiede zwischen Real- und Mittelschule - "zumindest bei der neuen Studienordnung". Und sollte es doch einmal irgendwo haken, stünde noch Kathrin Lifka bereit: Die bewährte Kraft begleitet die beiden als Betreuungslehrerin.

Für sich selbst ziehen die beiden Lehrer ein sehr positives Resümee unter die Umqualifizierung. "Es ist eine Riesenchance, sagen zu können, man kommt irgendwo an", sagt Setzke. Er unterrichte in viereinhalb Jahren an der sechsten Schule, führt Schäfer aus. Kaum habe er sich eingewöhnt, müsse er wieder weiterziehen. Nach der Sondermaßnahme winke jetzt die Aussicht, als Beamter "irgendwo auch mal zu bleiben" - am besten heimatnah. Als Lehrer mit Zeitvertrag sei man an der Schule immer "ein Lehrer zweiter Klasse", findet Setzke; die Perspektivlosigkeit sei ernüchternd. Und so mache sich eben Frust unter Junglehrern breit.

Als möglichen Ausweg aus der Misere sieht Schäfer eine präzisere Kalkulation in der Berufsberatung und eventuell eine Begrenzung der Zahl der Studienanfänger. Denn eine solche gebe es weder für Mittel- und Realschule, noch fürs Gymnasium. "Jetzt unterrichten Gymnasialkollegen an der Grundschule", sagt er. "Das wäre vor fünf Jahren undenkbar gewesen."