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Über Stock und Stein

Audi will sich vom Abgas-Skandal nicht bremsen lassen: 2016 gibt es einige wichtige neue Modelle und ein neues Werk

18.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:18 Uhr

−Foto: © 2014 AFP

Am Neujahrsmorgen ist ein Brummschädel nichts Ungewöhnliches. Spätestens am Tag darauf sollte die Katerstimmung jedoch verfolgen sein. Anders im VW-Konzern - hier dürften die Nachwirkungen des Abgas-Skandals langanhaltende Kopfschmerzen nach sich ziehen. Auch bei der Tochter Audi wird das Unwohlsein noch etwas andauern: Die Ingolstädter gerieten mit ihrem 3,0-Liter-Dieselmotor ebenfalls ins Visier der US-Ermittler. Diese fanden eine unerlaubte Software. Audi legte für die Behebung des Schadens sogleich eine zweistellige Millionensumme zur Seite - seitdem ist der Autobauer weitgehend aus der öffentlichen Schusslinie. In Ingolstadt hofft man, dass es so bleibt. Man will wieder positive Schlagzeilen lesen.

Tatsächlich birgt das Jahr 2016 viele Herausforderungen - dennoch gibt es ebenso viele Gelegenheiten, den Ingolstädter Patienten wieder voll in die Erfolgsspur zu katapultieren. Zunächst einmal steht der Audi-Familie Nachwuchs ins Haus: Bereits auf dem Autosalon in Genf, Anfang März, präsentieren die Ingolstädter den Q2. Das neue Einstiegs-SUV (ab 25 000 Euro), firmierte einst unter dem Namen Q1, weil Audi die Namensrechte für Q2 nicht besaß - nun hat man sie doch erworben. Für Ingolstadt ist der kleine Geländegänger deswegen so wichtig, weil er hier produziert wird. Er ersetzt den Q5, dessen Nachfolger künftig im neuen Werk in mexikanischen San José Chiapa gefertigt wird.

Die Eröffnung des Werks in Mexiko im September ist mit der wichtigste Meilenstein in diesem Jahr. Eine komplett neue Produktion hochzufahren ist alles andere als einfach. Vor allem, weil es sich beim Q5 um eines der meistverkauften Audi-Modelle handelt. Qualitätsmängel könnten sich verheerend auf das Image auswirken. Deshalb setzen die Ingolstädter alles daran, dass die Audis "Made in Mexico" deutschen Qualitätsstandards entsprechen. Offiziell präsentiert wird der Q5 auf dem Pariser Autosalon, erstmals zu sehen sein dürfte er bei der Werkseinweihung in Mexiko.

Ebenfalls neu in diesem Jahr: der A5. Den Nachfolger des aktuellen Modells zeigt Audi dort, wo er auch gebaut wird: Er feiert im Mai Weltpremiere in Ingolstadt. Der A5 ist vor allem wegen seines eleganten Designs ein wichtiger Imageträger für die Marke mit den vier Ringen. Bereits Ende März auf der New York Auto Show gibt es etwas für die besonders finanzkräftige Kundschaft. Hier fährt erstmals die offene Version des R8 auf: der R8 Spyder.

Ein technisches Highlight wird auf der Jahrespressekonferenz Anfang März enthüllt: der SQ7. Die bärenstarke Version des Q7 mit einem Achtzylinder-Dieselmotor leistet weit mehr als 400 PS. Vor allem aber ist erstmals der sogenannte "elektrisch angetriebene Verdichter" (EAV) an Bord. Er sorgt für eine ansatzlose Beschleunigung ohne Turboloch.

Ein weiteres Modell für PS-Junkies zeigen die Ingolstädter Ende April auf der Automesse in Peking: den TT RS. Dieser soll nicht nur mit mehr als 400 PS und dem unnachahmlichen Fünfzylinder-Sound bei den Kunden punkten - er wird als eines der ersten Autos weltweit Rückleuchten in OLED-Technik an Bord haben.

Für das Werk in Ingolstadt werden vor allem die Umstellung von Q5 auf Q2 sowie die Einführung des neuen A5 eine knifflige Aufgabe. Doch nicht nur direkt in der Produktion stehen Veränderungen an. Ein besonders spannendes Thema wird heuer der Bau einer hochmodernen Wasseraufbereitung: ein sogenannter Membranbioreaktor. Dabei handelt es sich um eine besonders leistungsfähige biologische Abwasserreinigungstechnik. Auch laufen bereits erste Tests für den Einsatz von Drohnen in der Produktion - beispielsweise, um dringend benötigte Teile vom GVZ direkt ans Band zu fliegen.

Wie bereits vor einigen Tagen berichtet, steht beim Ingolstädter Autobauer auch organisatorisch ein großer Umbau an: Es geht um die Einführung des sogenannten Heavy-Project-Managements. In Zukunft wird es eine neue Riege mächtiger Manager geben, die Modelle künftig über ihren gesamten Lebenszyklus betreuen - von der Definition des Lastenhefts über das Design, die Markteinführung und Facelifts bis hin zum letzten Auto, das von diesem Typ vom Band rollt. Die Heavy-Project-Manager berichten direkt an den Vorstand. Durch die neuen Machtverhältnisse kann es durchaus mal zu Reibereien kommen. Allerdings steht das neue Organisationssystem noch ganz am Anfang - angewandt wird es nur auf neue Projekte. Deshalb wird es noch etwa zwei bis drei Jahre dauern, bis die ersten Modelle der Heavy-Project-Manager sichtbar werden.

2016 ist bei Audi auch nicht nur das Jahr nach dem Abgas-Skandal, sondern auch das Jahr nach Ulrich Hackenberg. Der mächtige Entwicklungschef war im Zuge des Skandals beurlaubt worden und schließlich in den Ruhestand gegangen. Sein Nachfolger Stefan Knirsch hat nun alle Hände voll zu tun. Spannend wird etwa, wie schnell er die Elektrifizierung der Modelle vorantreibt. Denn noch immer ist nicht klar, welche Technologie sich auf Dauer durchsetzen wird - schließlich ist der Spritpreis gerade auf einem Rekordtief. Auch die Reichweiten der E-Autos sind noch nicht unbedingt da, wo man sie sich wünschen würde. Kann vielleicht doch die momentan noch extrem teure Brennstoffzelle alle Probleme lösen?

Das ein oder andere Projekt steht wohl auf dem Prüfstand: Auf mehreren Messen hatte Audi Studien eines TT-SUV gezeigt, vor allem ein Wunschprojekt von Hackenberg. In der SUV-Palette werden die Nischen allerdings langsam knapp - ob deshalb auch nach "Hackis" Abgang die Chance auf Serienfertigung besteht, ist fraglich.