Kipfenberg
Turbulentes Theaterstück: Liebe, Laster und Leidenschaften

Turbulentes Theaterstück in Kipfenberg feierte gelungene Premiere - Alle fünf Vorstellungen ausverkauft

29.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:49 Uhr
"Lissi Strada und der Ehestreik": An insgesamt fünf Abenden zeigen die Kipfenberger Darsteller Schwierigkeiten des Ehelebens, aber auch, dass es letztendlich ohne dieses ebenfalls schwer ist. −Foto: Graf

Kipfenberg (EK) Auch wenn Streit und Streik, Lug und Betrug mehrheitlich die Bühne dominierten - letztendlich war es doch eine große Lobeshymne auf den Ehealltag, was die Kipfenberger Theatergruppe am Samstagabend im Kulturzentrum Krone präsentierte.

Mit dem Stück "Lissi Strada und der Ehestreik" brachten die Schauspieler ein Stück des Eichstätters Florian Schmidt zur Uraufführung.

Christian Weiß, der Vorsitzende der Kolpingsfamilie Kipfenberg, die in diesem Jahr als Ausrichter des Theaters fungierte, begrüßte die Zuschauer in der Krone zur Premierenveranstaltung: "Wir wissen jetzt schon, dass alle fünf Aufführungen restlos ausverkauft sind." Damit werden sich letztendlich 900 Personen an dieser speziellen Ehetherapie erfreuen können. "Sparen Sie nicht mit dem Applaus", rief Weiß den Zuschauern noch zu, doch aufgrund der dann minütlich abgefeuerten Witze war dieser Befehl mehr eine fromme Aufforderung als eine Vorwegnahme des Kommenden.

Das Stück selbst ist schnell erzählt, denn wie so oft bei Volkstheatern geht es um die übersteigert dargestellten Brüchigkeiten, Spitzfindigkeiten und Missverständnisse im Zusammenleben von Mann und Frau. Im Gasthof der Lissi Strada (gespielt von Samantha Thimm) treffen sich regelmäßig die vier Männer Sepp (Albert Kerl), Schorsch (Florian Hackner), Max (Christian Forster) und Ulli (Dominik Kerl) und sind dabei dem Bier derart zugetan, dass die Wirtin kaum mit dem Nachschenken nachkommt.

Folgerichtig kommt es des Öfteren zu Schlägereien, bei denen Gläser und Teile der Innenausstattung zerstört werden. Zudem scheinen die Männer ein Geheimnis zu hüten, über das sie nur in Codewörtern sprechen. So kann es nicht weitergehen, beschließen die vier Frauen Hilde (Gisela Ostermeier), Afra (Manuela Überall), Resi (Dagmar Burzler) und Irmgard (Conny König). Kurzerhand treten sie in den Ehestreik und beziehen Logis im Gasthof. Schon nach wenigen Tagen zeigen sich die ersten Ausfallserscheinungen: Die Wäsche wird knapp, die Männer erscheinen zunehmend verlottert im Gasthaus. Zwar versucht etwa Max seine Unterhosen selbst zu reinigen, erwischt dabei aber versehentlich den Rohrreiniger: "Irgendetwas juckt bei mir gewaltig in der Hose", kommt er in das Gasthaus gerannt und will jeder der anwesenden Damen sein Malheur zeigen (und Gott sein Dank nicht den Zuschauern). Der Tischdecke sei Dank - doch nun offenbaren sich die Lügen der anderen. Selbst der Pfarrer (Martin Seufert) - "Herr Pfarrer, so viel Zeit muss sein" - kann bei seinen öffentlichen Auftritten nur mehr auf den Trainingsanzug zurückgreifen, denn auch Pfarrersköchin Zenzi (Bettina Neumeyer) streikt. Alles steuert auf eine Katastrophe zu: Die bewusst gewollte Trennung der Geschlechter führt ihnen vor Augen, dass es nur im Miteinander geht. Lediglich Max freut sich auf einen ruhigen Fußballabend: "I hob grod die scheenste Zeit in meim Leben", frohlockt er. Doch den beiden Geschlechtern scheinen nicht nur die praktischen Annehmlichkeiten der Ehe zu fehlen, auch emotionale Elemente werden arg vernachlässigt - denn der Ehestreik verläuft auch auf horizontaler Ebene.

Im Stück gibt es ganze Salven von libidinösen Doppeldeutigkeiten und unartigen Schweinereien, so dass selbst Resi irgendwann einmal zugeben muss: "Das war jetzt aber schon verstörend." Konterkariert wird die ganze verschlungene Situation von einem Hippiepärchen (abermals Florian Hackner und Gisela Kerl), die in der Gaststube ihrem unbeschwerten und unkomplizierten Liebesleben der 60er-Jahre nachhängen. Allmählich liegen die Nerven blank und ein Ende des Streiks muss her: Das Geheimnis wird verraten und alles löst sich in Wohlgefallen auf. Letztendlich müssen auch die Frauen einsehen: "Anscheinend sind wir nicht besser als die Männer."

Langer Applaus war den Darstellern sicher, denn die Zuschauer sahen ein Stück ganz nach ihrem Geschmack: Auf der Bühne macht man sich über die kleinen Sorgen des Lebens und Ehelebens lustig - und man selbst schaut zu. Außerdem durften natürlich auch Anspielungen auf örtliche Gegebenheiten nicht fehlen: So wirkt die Aussage "Der Bürgermeister war heute nicht in der Kirche" etwas doppeldeutig, wenn sie an die Bürgermeistersgattin und Gastwirtin Lissi Strada gesprochen wird - zumindest für den, der vom faktischen Näheverhältnis weiß. Und wenn der Moier Sepp versehentlich ein paar Hühner erschießt, dann werden sich auf jeden Fall die Böhminger im Publikum ihren Teil gedacht haben.

Andreas Graf