Trubel um Tomaten auf dem Friedhof

Streit um Pflanze auf Grab

08.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:20 Uhr
Darf auf einem Grab ein Tomatenstrauch gedeihen? "Gemüse hat auf dem Friedhof nichts zu suchen", steht für Stadträtin Elfriede Müller fest. −Foto: Rein

Neuburg (dpa/dk) Eine Tomatenpflanze auf dem städtischen Friedhof sorgt in Neuburg weiterhin für mächtig Ärger. Friedhofsreferentin Elfriede Müller geht der essbare Grabschmuk gehörig gegen die Strich. Stadt und Oberbürgermeister - ein Parteifreund von Müller - haben allerdings kein Problem mit den Tomaten. Und auf Facebook hat die Pflanze viele Fans.

"Ein Friedhof ist doch kein Schrebergarten", sagte CSU-Stadträtin und Friedhofsreferentin Elfriede Müller. Sie bereitet aktuell einen Antrag vor, mit dem Ziel, Gemüseanbau auf städtischen Friedhöfen zu verbieten.
 
Im Rathaus versteht man die Aufregung nicht. Denn die Stadtverwaltung hat mit der Pflanze kein Problem. "Die Friedhofsreferentin hat erst eines daraus gemacht", sagte Stadtsprecher Bernhard Mahler am Donnerstag gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). Ihm sei wichtig zu betonen, dass die Stadtverwaltung "eine ganz andere Auffassung in der Sache habe". Der Meinung ist auch Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Mahler: "Der OB sieht aktuell in der Sache keinen Handlungsbedarf."

Gepflanzt hatte eine junge Frau die Tomaten in Andenken an ihre verstorbenen Großeltern (wir berichteten) - da sie früher mit Oma und Opa gemeinsam Tomaten gezogen hatte. Mittlerweile berichten bayernweit Radiosender, Zeitungen und Online-Portale über die Neuburger Tomaten.
 
Auf Facebook haben die meisten Nutzer kein Problem mit der Pflanze: "Ist grün, stört keinen und ich kann es später ernten" oder "Es ist eine Pflanze. Also warum nicht?" Viele User halten zur Pflanze auf dem Grab, nennen sie "eine wundervolle Geste ihrer Enkelin". Andere Nutzer sind verärgert. "Streit wegen einer Grabpflanze? Gehts noch?" oder "Hat der Stadtrat keine anderen Probleme?" ist dort auch zu lesen. Eine Userin versucht die Debatte zu beruhigen: "Es soll doch jedem selbst überlassen sein, was wie wo, auf dem Grab haben möchte... Der eine will eine graue Platte ohne grün Zeugs, andere wiederum bunt und hier eben Gemüse." 

Regeln zur Gestaltung und Bepflanzung von Gräbern sind grundsätzlich Aufgaben der Gemeinden. Dass nur "geeignete Gewächse" genutzt, benachbarte Gräber nicht beeinträchtigt und sie dem "besonderen Charakter des Friedhofs" angemessen sein sollen, ist in einer Muster-Friedhofssatzung geschrieben. 

Die Tomatenpflanze ist in der kommenden Woche Thema im Stadtrat. Wie bereits berichtet, will Müller das Thema in den Finanzausschuss bringen.
 
Als "Kommunalpolitik vom Feinsten" bezeichnet Juliane Thimet, stellvertretende Geschäftsführerin des Bayerischen Gemeindetags. Die Verwaltung müsse einschätzen, ob es bei einem Einzelfall bleibe. "Oder muss man sagen: Wehret den Anfängen? Ist es pietätlos? Dann müsste man es regeln, weil es vielleicht Anstoß erregen kann. Der Nächste will dann vielleicht Kürbisse anbauen." Weiter, so Thimet, wolle man die Menschen auch nicht "gängeln". Von einem Fall wie in Neuburg hat Thimet allerdings noch nie gehört. "Dass jemand ein Grab als Gemüsegarten verwendet, kommt nicht so häufig vor."