Bremen
Triumph in Bremen

Profi-Radrennfahrerin Anna Knauer aus Schernfeld gewinnt das traditionsreiche "Sechs-Tage-Rennen"

17.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Sektdusche in Bremen: Anna Knauer aus Schernfeld feierte den Sieg beim Sechstagerennen. - Foto: Arne Mill - frontalvision.com

Bremen/Schernfeld (EK) Nächster großer Triumph für Anna Knauer: Die 21-jährige Profi-Radsportlerin hat erstmals in ihrer Karriere das "Sechs-Tage-Rennen" in Bremen gewonnen. Am kommenden Wochenende ist die Schernfelderin beim gleichnamigen Wettbewerb in Berlin am Start.

Das Besondere an den "SIXDAYS" ist nach wie vor die Mischung aus Sport und Unterhaltung. "Besser geht's nicht: Ich hatte so viel Spaß an diesen zwei Tagen. Der Sieg und die Sektdusche krönen das Ganze", kommentierte Knauer den Gesamtsieg, ehe sie sich am späten Sonntagabend auf den Rückweg nach Bayern machte.

Das Sechstagerennen ist eine Veranstaltung im Bahnradsport mit langer Tradition, wobei die frühe Geschichte zum Teil lückenhaft oder widersprüchlich dokumentiert ist. Das erste Rennen über den Zeitraum von sechs Tagen wird - so ist es überliefert - auf das Jahr 1875 datiert und fand in Birmingham statt. Weltweit waren seitdem über 100 Städte Austragungsorte von Sechstagerennen. Aus wirtschaftlichen Gründen mussten allerdings viele Veranstaltungen im neuen Jahrtausend aufgegeben werden, auch mehrere Versuche der Wiederbelebung schlugen fehl. In Deutschland werden derzeit nur noch zwei Sechstagerennen - in Bremen und Berlin - ausgetragen, nachdem traditionsreiche Austragungsorte wie beispielsweise München die Segel streichen mussten. Neben dem Radrennen besteht die Veranstaltung mittlerweile aus einem ebenso unterhaltsamen Rahmenprogramm. So trat beispielsweise am vergangenen Wochenende der Schlagerstar Mickie Kraus auf und sang: "Reißt die Hütte ab" - doch die Bremer Stadthalle steht noch immer. Dort fand der Wettbewerb bereits zum 53. Mal statt, jedoch gingen in der Hansestadt erst zum sechsten Mal die Frauen an den Start. "2013 stand ich als Juniorin völlig überwältigt am Start und vier Jahre später ging es mir nicht anders", berichtete Knauer gegenüber dem EICHSTÄTTER KURIER von ihren imposanten Eindrücken und sagte: "Es ist wirklich außergewöhnlich vor einer solchen Kulisse Radrennen fahren zu dürfen." Mehr als 100 Profi-Fahrer aus der ganzen Welt - darunter etliche Weltmeister - fuhren in verschiedenen Wettbewerben um die Podiumsplätze.

Anna Knauer legte bereits am Samstag den Grundstein für ihren Erfolg - auch wenn sie mit einem Schreck im Norden Deutschlands ankam: Nicht im Gepäck war der Fahrradhelm, dieser wurde daheim vergessen. Sie nahm den Lapsus jedoch relativ gelassen hin: "Das passiert jedem einmal. Und Christian Grasman aus dem Profifeld hat mir zum Glück ausgeholfen." Nachdem es im ersten Rennen des Tages (Scratch) nur für Platz drei reichte, dominierte die Schernfelderin das Frauenfeld im weiteren Verlauf und sicherte sich erste Plätze im Ausscheidungsfahren und im Dernyrennen sowie einen zweiten Rang im Punktefahren. Beim Ausscheidungsfahren lieferte sie sich mit der am Ende Zweitplatzierten Jarmila Machacova aus Tschechien einen packenden Zweikampf, an dessen Ende Knauer unwiderstehlich davonziehen und sich somit den Sieg sichern konnte. Beim Derny profitierte die deutsche Spitzensportlerin von den super Schrittmacherdiensten von Frank Schwarz. "Ohne ihn hätte ich in meinem zweiten Dernyrennen überhaupt niemals gewonnen", sagte sie überglücklich nach den 40 Runden hinter dem Leichtmotorrad mit 7 PS, in dessen Windschatten sie fuhr. Dabei haben die Fahrerinnen eine Kraftersparnis von 30 bis 40 Prozent - dementsprechend flott ging es auf dem mit nur 166,6 Meter langen Oval zu. Die Bremer Holzbahn zählt damit zu den kürzesten im Radzirkus.

Am zweiten Tag knüpfte Knauer an ihre guten Leistungen vom Vortag an. Mit einem ersten Platz im Ausscheidungsfahren distanzierte sie die Konkurrenz weiter und konnte mit einem dritten Platz im Punktefahren den Vorsprung im 18er-Feld noch weiter ausbauen. Mit elf Punkten Vorsprung ging sie in das abschließende Scratch-Rennen über 30 Runden. "Ich fahre voll auf Sieg", kündigte sie an. Dass Knauer am Ende hinter Katharina Hechler, Lucie Hochmann und Hannah Steffen nur den vierten Rang belegte, war egal. Denn im Endklassement reichte dies locker zum ersten Platz vor Jarmila Machacova und Lisa Klein. Vorjahressiegerin Alzbeta Pavlendova kam auf Rang vier.

Von Bremen ging es für Knauer mit der Bahn direkt zurück nach Dachau, wo die angehende Polizeibeamtin der Bayerischen Bereitschaftspolizei am morgigen Donnerstag im Rahmen ihrer Ausbildung vereidigt wird. Und von dort aus wird sie am kommenden Wochenende schon wieder zum nächsten Wettkampf nach Berlin aufbrechen.

Im Rennen der Frauen führen die ehemaligen Berlin-Gewinnerinnen Charlotte Becker und Stephanie Pohl das Aufgebot an. Hinzu kommen mit Alina Lange, Tatjana Paller und Anna Knauer drei weitere Nationalfahrerinnen. Sie alle bekommen es allerdings mit starker internationaler Konkurrenz zu tun: Unter anderem werden Olympiasiegerin Katie Archibald (Großbritannien) und Weltmeisterin Giorgia Bronzini (Italien) im Velodrom Berlin ihr Können unter Beweis stellen.

"Berlin wird noch einmal eine ganz andere Nummer, da will ich natürlich mein Bestes geben. Man wird sehen, zu welchem Platz es am Ende reicht", so Knauer. Wie schon die Veranstaltungen in London und Amsterdam werden auch aus Berlin die Rennen live auf Eurosport im Fernsehen übertragen.