Ingolstadt
Tragende Rolle für den Turm Baur

Das historische Gemäuer bildet den Rahmen für die Freilichtaufführung des "Cyrano de Bergerac"

28.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:05 Uhr

Unter den Augen der Madonna: Die Figur ist Bestandteil der Kulisse in Siegfried Bührs Inszenierung des „Cyrano de Bergerac“.

Ingolstadt (DK) Im Turm Baur wird gerade ein Jahrmarkt aufgebaut. Außerdem eine Pariser Straßenszene samt Café, ein Kloster mit Kreuzgang und ein romantischer Balkon für Verliebte – die Freiluftsaison des Stadttheaters steht an. Das historische Gemäuer selbst spielt dabei eine wichtige Rolle.

Sogar das schlechte Wetter in den vergangenen Tagen brachte die Techniker des Stadttheaters nicht aus der Ruhe. Bis zur Premiere von „Cyrano de Bergerac“ auf der Freilichtbühne im Turm Baur am Samstag, 22. Juni, ist es noch ein bisschen hin, da dürfen auch mal ein, zwei Aufbautage ins Wasser fallen. Selbst Regisseur Siegfried Bühr ist gelassen. Das Ensemble – 20 Schauspieler und 15 Komparsen – und er haben zuletzt ohnehin noch auf der Probebühne des Theaters gearbeitet. Da macht es nichts, wenn es schüttet und die Temperaturen in den Keller gehen. Und was ist bei den Aufführungen? Bühr zuckt mit den Schultern. „Es hat bisher keinen Sommer gegeben. Rein statistisch muss es deswegen während der Aufführung immer schön sein“, argumentiert er.

Sollte sich das Wetter dann doch nicht nach seinen Berechnungen richten, wird etwa ein plötzlicher Regenguss einfach in die Handlung eingebaut, so Bühr. Eine kürzere Regenfassung, wie sie bei manchen Freilichtaufführungen erarbeitet wird, gibt es bei ihm nicht. Dem Unbill der Natur ausgesetzt zu sein sei schließlich ein Reiz am Theater im Freien. Ein weiterer ist der Turm Baur selbst. Bühr versucht, ihn in seiner Inszenierung so oft wie möglich mitspielen zu lassen, auch wenn das Gebäude für die Handlung eigentlich knapp 200 Jahre zu jung ist. Die Bühne besteht im Wesentlichen aus einem künstlichen Arkadengang, der während des Abends verschiedene Funktionen bekommen wird: als Ladenauslage, Kreuzgang oder Balkon. Sonst dient der Turm selbst als Bühnenbild, das Publikum soll sich wie an einem Originalschauplatz fühlen. Die Herausforderung bei der Inszenierung besteht für Bühr unter anderem darin, nötige Umbauten möglichst klein zu halten oder sie in die Handlung einzubauen.

Gleich nachdem die Zuschauer das Tor zum Turm Baur durchschritten haben, werden sie sich auf einem frühneuzeitlichen Jahrmarkt wiederfinden, verrät der Regisseur. Im Originaltext sei zwar ein Hotel vorgesehen, aber das Ambiente in dem Ingolstädter Historienbau hat Bühr zu dieser Änderung in der Handlung inspiriert, erklärt er. Den ersten Akt werden die Zuschauer im Stehen sehen, als Teil des Publikums eines Theaterstücks im Theaterstück. Cyrano wird sie schließlich persönlich auf die Zuschauertribühne geleiten. Erst dann werden die Zuschauer ihre Plätze einnehmen und Zeuge werden, wie sich vor ihren Augen eine morgendliche Straßenszene in Paris entwickelt. Stühle werden vor Straßencafés aufgebaut, Bäcker bereiten ihre Auslagen vor. Wenn das Publikum sitzt und auch die Bühne bereitet ist, beginnt der zweite Akt. Die Straße wird sich im Verlauf des Stückes dann noch in ein Schlachtfeld verwandeln, in ein Kloster und einen umkämpften Turm in Arras, den die Franzosen gegen die Belagerung der Spanier verteidigen.

Das historische Gemäuer, von dem Zuschauer und Publikum während des Stücks umgeben sind, soll die Handlung noch direkter erlebbar machen, als es in einem geschlossenen Theaterbau mit einer klar definierten Bühne möglich ist, hofft Bühr. Auf Stege, große Rampen, zusätzliche Treppen und Abseilvorrichtungen – wie sie bei Freilichtaufführungen in den vergangenen Jahren immer wieder zum Einsatz kamen – kann Bühr für seinen „Cyrano“ verzichten. Der Turm Baur bietet alles, was er braucht.