Ingolstadt
Eine Heimat für alle

Mit neuem Präsidenten will der Türkisch SV verlorenes Vertrauen zurückgewinnen und ein Sportheim bauen

28.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:05 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Er hat „einen Anspruch über das Sportliche hinaus“, will aber doch ein normaler Sportverein sein: Beim Türkisch SV räumt das neue Präsidium mit den (finanziellen) Sünden der Vergangenheit auf und will „wieder ein verlässlicher Partner“ sein. Vor allem für die Stadtverwaltung.

„Es muss was passieren.“ Solche Sätze waren am Ruschenweg im Ingolstädter Norden schon öfter zu hören. Vor fünf Jahren gab zum Beispiel eine Gruppe mit Geschäftsleuten das Ziel aus: Bayernliga! Am Ende stand in diesem Winter die Beinahe-Insolvenz des traditionsreichen, weil fast 40 Jahre alten türkischen Sportvereins. Doch der Kollaps ist inzwischen abgewendet – weil sich in letzter Sekunde ein Retter fand, der nun als Präsident das Ende des Größenwahns ankündigt.

Wenn Necmettin Kara nun ein „Es muss was passieren“ anstimmt, dann hat er überraschend gar nicht die finanzielle Situation im Sinn. „Wir haben keine Schulden mehr“, sagt der Bauunternehmer aus Ingolstadt, der seit Januar den Türkisch SV leitet. „Das war aber ein gewaltiger Kraftakt.“ Er sei eingestiegen, „weil ich nicht zusehen konnte, dass ein so alter Verein zugrunde geht“. Doch nun, da das Schlimmste abgewendet ist, herrsche sogar „Euphorie im Verein“, sagt Reinhard Riedel.

Der renommierte Anwalt aus Ingolstadt steht dem Präsidenten Kara als Pressesprecher zur Seite. Zusammen formulieren sie die Ziele, die der Türkisch SV statt eines illusorischen Sprungs in höhere Fußballregionen stattdessen erreichen soll: „Es ist kein Sportverein wie jeder andere, soll aber auch ein normaler Verein sein.“ Das heißt, sie setzen auf die integrative Kraft, die der Klub mit seinen 400 Mitgliedern nicht nur für die türkische Gemeinde bietet. „Wir wollen uns öffnen; heraus aus dem Abseits“, sagt Riedel. Kinder und Erwachsene jedweder Herkunft und Nationalität sollen sich, so „die große, breit angelegte Strategie“, beim Türkisch SV einmal heimisch fühlen und auch eine Heimat finden. Doch auf dem Weg dorthin gebe es „noch viele Schwellen“.

Eine der größten Schwachstellen, im wahrsten Wortsinne, ist das Sportgelände. Bei einem Rundgang durch den alten Umkleidetrakt und das einst mit viel Idealismus errichtete Vereinsheim schreiten der Präsident und sein Pressesprecher an Schimmel, Rissen und anderen Mängeln vorbei. „Das kann so nicht bleiben“, sagt Kara völlig fassungslos. Ihm schwebt ein kompletter Neubau eines zweistöckigen Vereinsheims vor. „Pläne und auch Eigenmittel sind vorhanden. Aber wir setzen mit auf die Stadt“, sagt er. Riedel fügt an: „Die Stadt müsste Interesse haben über das übliche Maß hinaus.“ Man werde bald das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Der wichtigste Punkt sei deshalb: „Wir wollen wieder ein verlässlicher Partner sein“, versichert Kara.

Die ersten Monate verliefen in dieser Beziehung sehr vielversprechend, bestätigt der Sportamtsleiter Martin Diepold. Er lobt das neue Präsidium und kündigt seinerseits an: „Wir sind immer gesprächsbereit.“ Doch Diepold dämpft gleich die Erwartungen, die Stadt könnte dem Verein beim Sportheimbau groß unter die Arme greifen. Das könne allein wegen der Sportförderrichtlinien nicht passieren.