Durchschlacht
Totes Holz

Umweltsünder vernichtet Eichen und Buchen

30.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

 

Durchschlacht (PK) Fassungslos steht Landwirt Bernhard Preitsameter am Waldrand. Kein grünes Blatt ist an den stattlichen Bäumen zu sehen. Die Stämme sind grau und bemoost, die Äste gekappt. Überall totes Holz. Insgesamt 24 ausgewachsene, bis zu 90 Jahre alte Eichen und Buchen in Preitsameters Wäldern sind in den vergangenen zwei Jahren dem üblen Treiben eines Umweltsünders zum Opfer gefallen. Ein Fall von Baumfrevel, der im weiten Umkreis keinen Vergleich kennt.

Guido Zitzelsberger kann mehr darüber sagen. Denn neben Preitsameter, einem 43-jährigen Landwirt aus Durchschlacht, stapft der zuständige Revierleiter vom Schrobenhausener Amt für Landwirtschaft in Gummistiefeln am Feldrand entlang. „Wer den Wald liebt, dem weint bei diesem Anblick einfach das Herz“, sagt der Förster aus Leidenschaft. Deshalb hat er sich auch intensiv mit der hinterlistigen Methode befasst, der die Eichen und Buchen zum Opfer gefallen sind. „Ich bin seit 32 Jahren im Geschäft, habe mit vielen Kollegen aus der Region über den Fall gesprochen. Aber so etwas ist mir noch nie untergekommen.“

Ihren Anfang nahm die schier unglaubliche Geschichte im Frühjahr vergangenen Jahres. Damals fiel Preitsameter auf, dass am Rande seines Waldstückes zwischen Winden und Durchschlacht acht Eichen und Buchen auf unerklärliche Weise gelitten haben. Die Blätter färbten sich viel zu früh, fielen schon im Sommer ab – und im Herbst waren die Bäume tot. Der Landwirt suchte Rat bei Zitzelsberger, der ließ die Bäume von der Landesanstalt für Forstwirtschaft in Freising wissenschaftlich untersuchen. Eine wirkliche Erklärung kam nicht zurück. Nur eine vage Vermutung. „Die Experten tippten auf Halimasch, einen Pilzbefall. Sowas kommt vor. Wir haben das einfach hingenommen“, sagt Zitzelsberger. Preitsameter hat die Bäume gefällt und zu Brennholz verarbeitet. Und dann wiederholte sich die Geschichte in diesem Frühjahr wieder: diesmal am Waldrand in der Nähe von Schachach, und nun bei 16 Eichen und Buchen.

„Das konnte kein Zufall mehr sein“, sagt der Landwirt. Auch Zitzelsberger schöpfte Verdacht. Die wissenschaftliche Untersuchung war zwar erneut ein Schlag ins Wasser. Aber der Revierleiter gab nicht auf – und entdeckte Ungeheuerliches. Knapp oberhalb des Waldbodens, meist ziemlich vermoost und von Blättern bedeckt, wies jeder der sterbenden Baumriesen etliche rund ein Zentimeter große Löcher auf. Zitzelsberger entnahm Proben. Und dadurch kam er der perfiden und absolut tödlichen Methode auf die Schliche, die der unbekannte Täter angewandt hatte. Dieser bohrte meist mehrere etwa 15 Zentimeter tiefe Löcher in die Wurzelstöcke der Bäume und befüllte die Hohlräume mit einem unaufhaltsam wirkenden Pflanzengift. „Wir wissen nicht genau, welches Mittel“, sagt der Förster, der seine Vermutung auch nicht äußern will. Jedenfalls konnte sich kein Baum dagegen zur Wehr setzen. „Das Mittel wirkte systemisch, verteilte sich beim Wachstum im ganzen Lebewesen, ließ alles Grüne absterben – und für die Bäume bedeutete das einen langsamen, qualvollen Tod.“

Weshalb jemand so etwas macht, bleibt im Dunkeln. Preitsameter hat zumindest eine Vermutung, wer es war. Aber beweisen kann er nichts. Deshalb hat er den Vorfall zwar bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Aber vor Gericht zog er den Kürzeren. „Wir können es einfach nicht beweisen, weil sich der Übeltäter nicht erwischen hat lassen und von keinem gesehen wurde. Die einzig denkbare Begründung für die Tat liefert dann aber Zitzelsberger: „Das ist einfach nur pure Boshaftigkeit.“ Niemand habe einen Vorteil davon, wenn die Baumriesen sterben. Aber Nachteile gebe es genug – und zwar für viele Seiten.

Leidtragender ist zum einen Preitsameter selbst. Den wirtschaftlichen Schaden beziffert Zitzelsberger auf mindestens 5000 Euro. Jeder einzelne der stattlichen Bäume hätte auf dem Holzmarkt mehrere hundert Euro gebracht. „Durch das Gift können aus den Stämmen keine Möbel oder Parkettböden mehr gefertigt werden. Es könnte ja in einem Kinderzimmer landen“, begründet Zitzelsberger, weshalb Preitsameter die toten Bäume nur zu Brennholz verarbeiten konnte. Noch viel höher sei aber der Schaden für die Natur. Zum einen sehe es schrecklich aus, die toten Bäume am Waldrand zu sehen, fügt der Revierleiter an. Zum anderen seien die Eichen und Buchen aber nicht nur wichtiger Lebensraum für Tiere, sondern würden auch einen Schutzwall für die dahinter liegenden Nadelbäume bilden. „Das Ökosystem ist angreifbar geworden. Kommt jetzt ein starker Sturm auf, richtet er in dem Waldstück großen Schaden an.“ All das ist nicht mehr zu verhindern. Er hofft nur, dass der Übeltäter jetzt aufhört, die Natur zu zerstören. „Nicht auszudenken, wenn ihm im nächsten Jahr noch mehr Bäume zum Opfer fallen würden.“