Deising
Tonnenschwerer Fels donnert ins Tal

19.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

Mächtiger Koloss: Sabrina Gaul, die Tochter von Jäger Alois Gaul, schaut sich einen Gesteinsbrocken an, der an einem Baum hängen geblieben ist.

Deising (DK) Das hätte schlimm ausgehen können: Unweit von Deising, am so genannten Rappenfelsen, ist in den vergangenen Tagen ein mehrere Tonnen schwerer Steinbrocken weggebrochen. Bruchstücke liegen nun sogar in einem Feld am Fuße des Hangs, gleich beim Altmühl-Panoramaweg.

Der Anblick, der sich Jäger Alois Gaul am späten Dienstagabend bietet, gleicht eher einem Schlachtfeld als einem idyllischen Waldstück im Altmühltal. Überall am Hang unterhalb des Rappenfelsens bei Deising liegen Gesteinsbrocken – Reste eines mächtigen Stücks, das von dem Felsen abgebrochen ist und auf seinem Weg nach unten in Dutzende Stücke zersplitterte. Einige haben gerade mal die Größe eines Medizinballs. Andere messen mehrere Meter. Ein besonders großer Brocken ist sogar erst in einem Feld am Fuße des Hangs zum Stillstand gekommen – nachdem er über den Altmühl-Panoramaweg gesprungen und auf einem Feldweg eingeschlagen hat.

 
"Keine Chance"

Mehr springend als rollend haben sich die Brocken auf rund 100 Metern Breite ihren Weg ins Tal gebahnt und dabei eine Spur der Verwüstung in dem dicht bewachsenen Waldhang hinterlassen. Wo die Kolosse aufgekommen sind, klaffen tiefe Löcher im Erdreich. Auch die Bäume haben die volle Wucht des Felsabsturzes abbekommen. Teilweise hängen die Holzsplitter in Fetzen von den Stämmen herunter. Andere Pflanzen liegen komplett entwurzelt und zertrümmert auf dem feuchten Waldboden.

"Die volle Gewalt der Natur", meint Gaul, zu dessen Jagdrevier der steile Hang gehört. Dass niemand verletzt wurde, sei wohl einzig dem Zufall zu verdanken, dass zum Zeitpunkt des Absturzes niemand vor Ort war. "Da hättest du keine Chance", sagt Gaul.
 

Eine Chance hätte wohl auch er selbst nicht gehabt, wenn er ein paar Stunden länger auf seinem Hochsitz geblieben wäre. "Ich bin gestern noch draufgehockt", erklärt der Jäger vor den Überresten der Holzkonstruktion. Eines der Felsstücke hat den Hochsitz gestreift und dessen Stützen zerschmettert. Wäre Gaul, der am Montagabend bis etwa 21.30 Uhr in seinem Revier unterwegs war, länger geblieben, das weiß er, hätte er die volle Wucht der Felsgeschosse abbekommen.

Wann genau der mächtige Gesteinsbrocken herabgestürzt ist, vermag Gaul nicht zu sagen. "Wir haben den Schaden um 15 Uhr entdeckt", berichtet er. Anschließend habe er sofort den zuständigen Förster benachrichtigt.

Anton Pesl, der Leiter des Reviers Riedenburg der bayerischen Staatsforsten, hat sich gestern Vormittag persönlich ein Bild von der Lage gemacht. "Ob Gefahr besteht, dass noch etwas von dem Fels wegbricht, wird sich erst zeigen", erklärt er im Gespräch mit dem DONAUKURIER. Er will sich deshalb in den nächsten Tagen noch ein detailliertes Bild von dem unwegsamen Gelände machen. Dann wird sich eventuell auch klären, warum sich der Kalkgesteinsbrocken aus der Felsformation gelöst hat. "Ich weiß noch nicht genau, wie es passiert ist", sagt Pesl. "Vielleicht ist ein Baum umgefallen, der den Felsen ausgehebelt hat."

Was mit den teils gewaltigen Stücken geschehen soll, die nun über den ganzen Hang verteilt herumliegen, bleibt ebenfalls vorerst offen. "Die im Wald bleiben wohl liegen", vermutet der Förster. So wie einige Exemplare, die vor Jahrzehnten herabgestürzt und heute von Moos überwuchert sind. Auch das Schicksal des besonders großen Stücks, das ein tiefes Loch in den Feldweg am Waldrand geschlagen hat und nun in einer Wiese in der Nähe eines Flurmarterls liegt, bleibt unklar.

Sperrung oder Umleitung?

Für den Tourismusverband im Landkreis Kelheim bedeutet der Felssturz jedenfalls eine Menge Arbeit. Denn direkt unterhalb des gefährlichen Hangs führt der Altmühl-Panoramaweg vorbei, ein bei Wanderer beliebter Pfad, der von Gunzenhausen nach Kelheim rund 200 Kilometer durch das Altmühltal führt. "Wir müssen jetzt gemeinsam mit dem Forstbetrieb beurteilen, ob der Weg verkehrssicher ist", erklärt Klaus Blümlhuber, der Geschäftsführer des Tourismusverbands. "Wenn Steine im Hang gefährlich sind, dann müssen die beseitigt werden."

Da der Brocken, der nun im nahen Feld liegt, auf seinem zerstörerischen Weg einen jungen Baum umgerissen und quer über den Altmühl-Panoramaweg geworfen hat, ist es noch fraglich, ob der Verband den Weg vorübergehend sperren muss. "Wenn die Beseitigung länger dauert, müssen wir uns vielleicht auch Gedanken über eine Umleitung machen", meint Blümlhuber. Weitere Gespräche sollen nun die zahlreichen offenen Fragen klären, kündigt er an.

Der Stadt Riedenburg entstehen durch den Felsabgang übrigens keine Kosten. Für die Instandsetzung des Feldwegs seien die Besitzer der anliegenden Flächen zuständig, erklärte Hauptamtsleiter Günther Wagner auf Anfrage.