Ingolstadt
Tonnenschwere Präzisionsmaschinen

26.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:09 Uhr

Beeindruckt von der Präzision sind die Besucher bei der Führung. Michael Breme (Mitte), Leiter des Werkzeugbaus, hat probeweise einen Seitenwandrahmen pressen lassen und dabei ein Haar eingeschmuggelt. Die Spuren zeigt er nun (v. l.) Martina Schwytz, Geschäftsführerin der Initiative Regionalmanagement, Bürgermeister Sepp Mißlbeck, Landtagsabgeordneter Erika Görlitz und Alt-OB Peter Schnell.

Ingolstadt (DK) Was Produktionsvorstand Frank Dreves als Ziel vergibt, hat Audi vermutlich jetzt schon erreicht: Der Ingolstädter Automobilhersteller dürfte über den modernsten Werkzeugbau der Welt verfügen. Mehr als 45 Millionen Euro wurden in die Erweiterung und Optimierung investiert.


Am Freitag nun wurde Einweihung gefeiert – mit allem Drum und Dran. Das Spektakel gipfelte in einer Show, die Kranführer Josef Steib gediegen per Fernsteuerung in Gang setzte: Ein riesiger Kran schwebt unter der meterhohen Hallendecke heran mit einem großen weißen Kubus, buntes Laserlicht flackert. Dazu dröhnt Musik von den "Torpedos". Vor der Tribüne mit den Ehrengästen zischen Fontänen von Trockeneisnebel hoch. Der Würfel naht, die Hüllen fallen und der neue A1 kommt zum Vorschein. "Echt abgehoben", raunt ein Zuschauer. Eine Punktladung.
 
Bei Audi dreht sich alles um Perfektion. Produktionsvorstand Frank Dreves spricht bei der Einweihungsfeier sogar von kompromissloser Präzision. "Der Produktionsablauf wird noch schlanker und effizienter", sagt er. "Das ist wichtig für unser Modellfeuerwerk." Christoph Hillenbrand, Regierungspräsident von Oberbayern, erzählt von seinem Betriebspraktikum beim Ingolstädter Automobilhersteller in den frühen Achtzigern und erwähnt die vielen Auszeichnungen, die Audi schon für seinen innovativen Werkzeugbau erhalten hat. "Aus gutem Grund fahren so viele Menschen auf diese Autos ab – so wie der Ministerpräsident und ich."

Peter Mosch weist schmunzelnd darauf hin, dass der Werkzeugbau schon drei Betriebsratsvorsitzende hervorgebracht hat. "Mich mitgerechnet. Hier ist eben die Kernkompetenz von Audi", betont Mosch und erklärt, die Arbeitsplätze seien jetzt noch ergonomischer und sicherer.

900 Menschen arbeiten im Werkzeugbau, darunter auch Lehrlinge. Mit der Inbetriebnahme des 45 Millionen Euro teuren Erweiterungsgebäudes hat Audi auch die Arbeitsabläufe neu organisiert. Das synchronisierte Produktionssystem, das von einer Software gesteuert und überwacht wird, sorgt für einen schnelleren Materialfluss. Der Erweiterungsbau schließt unmittelbar an den im Jahr 2000 eröffneten Werkzeugbau an. Der gesamte Gebäudekomplex bedeckt nun eine Fläche von über 35 000 Quadratmetern – das entspricht fünf Fußballfeldern.

Bei einer Führung zeigt Michael Breme, Leiter des Werkzeugbaus, Besuchern sein Reich – die Wiege des Premiumprodukts. Jedes einzelne Werkzeug ist ein Unikat, 200 bis 300 Werkzeugsätze sind pro Fahrzeug nötig. Audi verfügt über einen eigenen Gießmodellbau, wo Roboter aus riesigen Styroporquadern Formen aussägen. Das sind die Muster für tonnenschwere Rohgusse und Großfräsmaschinen, die auf den Millimeter genau arbeiten müssen. Roboter messen und bessern nach: "Diese Zelle ist weltweit einmalig und wird gerade in Betrieb genommen", erzählt Breme stolz. "Zur Korrektur des Werkzeugs werden winzige Mengen von Metallpulver aufgeschweißt."

Gerät im Presswerk auch nur ein Haar zwischen Werkzeug und Stahlblech, ist das auf dem ausgestanzten Teil mit bloßem Auge zu erkennen – so homogen sind die Oberflächen. Und die Kanten so perfekt wie Bügelfalten. Am Ende des Prozesses steht eine optische Qualitätssicherung. Bürgermeister Sepp Mißlbeck, ein Mann vom Fach, ist tief beeindruckt: "Imponierend", sagt er. "Das ist die Basis für die Qualität von Audi." Auch Hubert Waltl nimmt an dem Rundgang teil. Er war hier früher erst Lehrling und dann der Chef, seit ein paar Monaten ist er Produktionsvorstand bei VW. Immer wieder kommen ehemalige Kollegen auf ihn zu und begrüßen ihn herzlich. Waltl ist gerührt und blickt um sich: "Das hier macht einen echt stolz."