Ingolstadt
Tipps aus dem Bauamt

Die Staatsanwaltschaft vermutet Mauscheleien bei der Ausschreibung eines Ingolstädter Großprojekts

07.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:31 Uhr

Die Neubauten am Schulzentrum Südwest in Ingolstadt sind mit Kosten von 65 Millionen Euro veranschlagt. Bei der Ausschreibung hat es möglicherweise Mauscheleien im Bauamt gegeben - Foto: Richter

Ingolstadt (DK) Es war eine Überraschung der unangenehmen Art, als am Mittwoch plötzlich die Kripo im Ingolstädter Bauamt stand. In der Behörde soll bei der Ausschreibung von Projekten gemauschelt worden sein, lautet der Vorwurf. Ob das so stimmt, muss die Auswertung sichergestellter Papiere zeigen.

Polizei und Staatsanwaltschaft waren gleich zum Dienstbeginn in den städtischen Amtsstuben erschienen. Sie nahmen neben schriftlichen Unterlagen auch elektronische Daten mit. Auf einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss war der Grund für die Razzia zu lesen: Der Vorwurf lautet auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, wie der entsprechende Paragraf im Strafgesetzbuch überschrieben ist. Das Strafmaß liegt, sollte die Schuld sich bestätigen, bei Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen. Ken-Oliver Heidenreich, der Sprecher der mit dem Fall betrauten Staatsanwaltschaft München II, bestätigte die Durchsuchungsaktion, hielt sich ansonsten aber weitgehend bedeckt, um die weitere Arbeit seiner Kollegen nicht zu gefährden. „Die Auswertung der Beweismittel wird Monate dauern“, schätzt er.

Nach Informationen des DONAUKURIER geht es um die Neu- und Umbauten im Schulzentrum Südwest. Nach der Ausschreibung in den Jahren 2009 und 2010 hatten auch zwei Ingolstädter Architektenbüros Zuschläge für einen Teil der Gewerke bekommen. Beide Büros hatten schon früher Aufträge von der Stadt erhalten, etwa 2005 bei Arbeiten an der Herschelschule, bei der Erweiterung der Hauptschule an der Stollstraße (2007), der Generalsanierung der Volksschule Oberhaunstadt (ab 2008) oder beim Bau der Don-Bosco-Schule (2009) und noch einige mehr. Als es 2009 und 2010 um das Großprojekt im Schulzentrum Südwest ging, wo Gymnasium, Mittel- und Hauptschule neu errichtet beziehungsweise zum Teil abgerissen werden, soll der 55-jährige Sachgebietsleiter im städtischen Bauamt den beiden Büros während der drei Vergabeverfahren Vorabinformationen gegeben haben, wodurch sie gegenüber der Konkurrenz im Vorteil gewesen sein sollen. Sie kamen mit ihren Angeboten auch tatsächlich zum Zug, wobei ein kausaler Zusammenhang bisher nicht belegt ist. Der 37 Jahre alte Vorgesetzte soll das Vorgehen seines Kollegen „zumindest geduldet“ haben, heißt es in Ermittlerkreisen. Das Schulprojekt ist mit Kosten von rund 32 Millionen Euro veranschlagt, weitere 35 Millionen werden im nächsten Abschnitt fällig.

Indizien dafür, dass Bestechung im Spiel sein könnte, gibt es laut Staatsanwaltschaft nicht. Neben den Büros und Privatwohnungen waren auch verschiedene Räume der Architektenbüros durchsucht worden, insgesamt sieben Objekte. Die fünf Beschuldigten blieben alle auf freiem Fuß. Erste Vermutungen gingen dahin, dass die Strafanzeige von einem enttäuschten Mitbewerber stammen könnte. Inzwischen schließen die Verantwortlichen der Stadt nicht aus, dass jemand aus den eigenen Reihen die Behörden informierte. Finanzbürgermeister Albert Wittmann geht zunächst einmal von der Unschuldsvermutung aus. „Die beiden Mitarbeiter sind auch nicht suspendiert“, sagte er. Kriminelle Energien vermutet er bei ihnen nicht. „Möglicherweise ist da einfach ein bedauerlicher Fehler passiert, weil es zuletzt einfach zu viele Großprojekte gegeben hat. Wir müssen ein wenig auf die Bremse treten“, erklärte er. Stadtsprecher Gerd Treffer verwies darauf, dass alle Ausschreibungen über den Stadtrat gelaufen seien. „Bei der Formulierung haben wir uns extra von zwei Rechtsanwaltskanzleien beraten lassen, damit ja alles stimmt.“

Von den betroffenen Architektenbüros war gestern keine Stellungsnahme zu erhalten – das eine war gestern nicht erreichbar, vom anderen blieb der versprochene Rückruf aus.