Eichstätt
Theater als liturgisches Spiel

18.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Überzeugte bei der musikalischen Gestaltung des Mysterienspiels: der Fachhochschulchor und ein Instrumentalensemble unter Leitung von Professor Markus Eham. - Foto: smo

Eichstätt (smo) Theater spielen ist eine Sache – aber dabei verkündigend wirkend, eine andere, ganze eigene Aufgabe. Knapp eine Woche vor Heiligabend wagten sich die Studierenden an der Fakultät für Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit an der Katholischen Universität an diese Kombination.

Ähnlich multitalentiert als Musiker, Kabarettist und Schauspieler (seit 2004 etwa als Minister Söder im Singspiel beim Starkbieranstrich am Nockherberg) ist Stephan Zinner. Nun konnte man beide bei einem kabarettistischen Gastspiel im Wirtshaus Zum Gutmann erleben.

Drei Mal 14 Generationen zählt der Evangelist auf, hebt die königliche Würde des angekündigten Messias heraus – erstaunlicherweise tauchen auch vier Frauen in seinem Prolog auf: Tamar, Rahab, Rut und Batseba. Allesamt Frauen mit ungewöhnlichen Lebenswegen, vier Frauen, die auf ihre Weise um ihr Glück kämpfen mussten – was sie auf eindrucksvolle Weise auch den Zuhörern in der bis auf den letzten Platz besetzten Kapuzinerkirche vor Augen führten.

Notvolle Schicksale werden da vor Augen geführt: Tamar, die in Blutschande zu ihrem Schwiegervater Juda steht, verkörpert von Maria Ringlstetter, oder Rut (Susi Gierl), die mit Hilfe ihrer Schwiegermutter nach dem frühen Tod ihres Mannes eine neue Familie findet und so in den Stammbaum Jesu kommt. Die wohl vielen aus der Lektüre des Alten Testamentes bekannte Basteba, die Verführerin und spätere Frau König Davids, dargestellt von Michaela Meusel, spielte ebenso eine zentrale Rolle wie Rahab, eine in Jericho lebende Prostituierte, die mit den Feinden – den Israeliten kollaboriert. Ihr lieh Schwester Maria Bernadette Neumann eindrucksvoll ihre Stimme.

Musikalisch eindrucksvoll untermalt von einem kleinen Instrumentalensemble traten die Mitwirkenden auf – auch als Abraham (Lisa Müller), David (Emanuel Leonhard), König Ahas (Markus Mandl), Prophet Jesaja (Tobias Christl), Josef (Matthias Heim) sowie Maria (Johanna Hofstätter). Sebastian Köchig, ehemaliger Student der Fakultät und mittlerweile Opernsänger in Wien, verband die Szenen mit ausdrucksvoll gesungenen Stellen aus dem Matthäus-Prolog.

Verschiedene szenische Ergänzungen untermauerten die Erzählungen, etwa als König David durch sein Gebaren hervorhob, Stammvater Christi zu sein. Während er seine Krone auf dem Altar ablegte, stellte er die Worte: "Ich huldige ihm als meinem Herrn" in den Kirchenraum hinein.

Ausgehend von der altbekannten Jesajabotschaft "Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht" hielt Maria als geborenen Jesus zeichenhaft eine Kerze in den Händen, die sie beim gemeinsam mit den Zuhörern gesungenen Lied "Es ist ein Ros entsprungen" auf dem Altar abstellte. Das sind wohl auch die Elemente, die dieses Mysterienspiel so eindrucksvoll und mitreißend werden ließen: mehrere gemeinsam gesungene Advents- und Weihnachtslieder.

Die Szene der Geburt Jesu ging über in einen kleinen Andachtsteil, der dieses Theater letztlich zu dem anfangs erwähnten liturgischen Spiel machte. Von vier Studierenden vorgetragene Lobpreisungen sowie Bitten wurden über den aufsteigenden Weihrauch und entsprechenden Begleitgesang vor Gott getragen.

Nach dem letzten verklungenen Ton machte sich zunächst lange, andächtige Stille in der Kapuzinerkirche breit, bevor die ersten zaghaft wagten, Applaus zu spenden, der schließlich in der ganzen Kirche aufbrandete und beinahe nicht mehr enden wollte.