Eichstätt
"Eichstätt braucht ’nen Slam"

18.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Hanz und Pauline Füg wollen den Poetry Slam in Eichstätt im Café Orangerie etablieren. - Foto: rke

Eichstätt (EK) "Ich hab’ keine Lust dir zu sagen, wie du mir am Herzen liegst. Ich bin raus und auf die Pointe verzichte ich", brüllt Moritz Kienemann in die Menge. Hände Klatschen, Füße stampfen, Grölen zieht durch die Orangerie.

"Nur eines." Das Publikum wird wieder leise. "Fick dich." Wieder Klatschen, Stampfen, Grölen. Dann setzt Moritz nochmal an – nun ganz leise. "Zweite Möglichkeiten: Laura, Laura, (Pause) – nichts." Und wieder beginnt es zu Klatschen, Stampfen und Grölen.

Am Donnerstagabend fand im Café Orangerie in der Ostenstraße ein Poetry Slam statt – ein Dichterwettstreit, bei dem selbst verfasste Texte vor einem Publikum vorgetragen werden. Per Applaus wird der Wettbewerb entschieden. Organisiert wurde die Veranstaltung von Pauline Füg (26) und Hanz (25). Hanz ist sein Künstlername, seinen bürgerlichen Namen möchte er nicht verraten. Das sei in der Szene üblich. Pauline Füg hat in Eichstätt Psychologie studiert und lebt heute vom Slam. Sie gibt Workshops für Schüler, tritt auf, macht Special-Shows und hat so ihr Hobby zum Beruf gemacht.

Heute moderiert sie den Slam gemeinsam mit Hanz. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, in Eichstätt einen Poetry Slam zu organisieren. Monatlich am letzten Donnerstag wird während des Semesters nun ein Poetry Slam stattfinden. Pauline und Hanz sind sich einig: "Eichstätt braucht ’nen Slam."

Im Café Orangerie sind die Menschen dicht an dicht gedrängt. Die Luftfeuchtigkeit steigt. Die Fenster sind beschlagen. Hinter den Scheiben ist es dunkel, eiskalt und menschenleer. Drinnen ist jeder Zentimeter Fußboden bedeckt. Hanz freut sich. "Je enger die Leute zusammengepfercht sind, desto besser ist die Stimmung."

Bei Poetry Slam gibt es drei große Regeln. Erstens: Der Text muss selbst geschrieben sein. Zweitens: Das Zeitlimit (heute sechs Minuten) darf nicht überschritten werden. Drittens: Keine Requisiten wie Instrumente oder Hüte dürfen verwendet werden. Heute treten acht Poeten auf. Vier eingeladene Dichter und vier freie, die sich angemeldet haben.

Die Band Wurtinger & Knoll mit Unterstützung von Johanna Umbach beginnt den Abend mit Gitarrenmusik und Gesang. Dann wird die Reihenfolge der Vorträge ausgelost. "I bin i und wenn i nimmer i bi, dann bin i hie." Frauen, Trauer, Trennung, Macht, Krieg, Freundschaft, Worte, Töne – heute Abend wird alles zum Thema. "Ich habe immer nur gebellt, aber nie gebissen."

Profis und Laien dichten gegeneinander. Moritz Klienemann, Günni, Lutz, Franziska Holzheimer, Florian Cieslik, Pierre Jarawan, Andy und Harry Kienzler sind die Poeten des Abends. Aus Köln, Tübingen, Stuttgart, München (und Eichstätt) sind sie angereist, um das Publikum von ihren Texten zu überzeugen.

Ins Finale kommen Moritz, Franziska und Florian. Noch einmal müssen sie nun einen Text vortragen und damit überzeugen. "Ich heiße heiße Frauen erst ’mal willkommen." Hände klatschen, Füße stampfen, Grölen zieht durch den Raum. Mittlerweile geht der Slam schon knapp drei Stunden. Das Publikum entscheidet: Florian Cieslik aus Köln gewinnt mit seinen drei Liebesgedichten und einem Anderen das Finale. "Erst ging ich auseinander, dann sie, dann wir."