Ingolstadt (DK) Ob es wohl an der Zielgruppe lag, dass die Neue Welt an diesem Abend nur mäßig gefüllt war? Vielleicht hätte die Powerfrau Andrea Bongers bei den Künstlerinnentagen mehr Zuhörer angezogen als bei den Kabaretttagen.
Tatsächlich hat sich Andrea Bongers erst einmal warm spielen müssen ob der dünn besiedelten Zuschauerreihen - doch spätestens in der zweiten Halbzeit ihres aktuellen Programms "gebongt! Mutti hat sturmfrei" hatte sie das Publikum in der Tasche. Vor allem mit ihren Puppen kann die Norddeutsche punkten - wenn sie den Figuren ihre jeweiligen Stimmen ganz ohne Bauchreden in den Mund legt, nimmt man den Charakteren - egal ob Mensch oder Tier - ihr Eigenleben zu 100 Prozent ab. Ihre textilen Alter Egos an diesem unterhaltsamen Abend sind: das Schaf, Sissi Snake, Manolo Panik und Uwe Sattmann, seines Zeichens Journalist und selbsternannter Supermacho. Andrea Bongers setzt sich mit ihm in einer Speed-Dating-Sequenz auseinander, nachdem er sich zunächst als vermeintlicher Kritiker der hiesigen Zeitung geoutet hatte. Herausragend ist das Gesangsduett des ungleichen Paares.
Tatsächlich liegt das große Potenzial von Andrea Bongers im Puppenspiel - womit sie als Frau in Deutschland einzigartig ist - sowie in den musikalischen Beiträgen mit und ohne textile Begleiter. In ihren Liedern ist die Aufbereitung der Themen, welche sie beschäftigen eine runde Sache und es gelingt ihr am Besten, das was sie zu sagen hat mit Humor zu verpacken. In den reinen Wortbeiträgen zeigt Andrea Bongers zwar ihr Interesse an diversen gesellschaftlichen Themen, bringt diese jedoch häufig zu sehr mit erhobenem Zeigefinger und ohne Witz und richtige Pointe rüber. Dabei hat das Programm einen deutlich erkennbaren roten Faden und dreht sich neben dem Muttersein um Bildung, Hormone, das Älterwerden und den "Selbstoptimierungstrip" verschiedener Zeitgenossen.
Andrea Bongers stellt sich unter anderem die Frage: "Wann ist eigentlich aus Sex, Drugs and Rock'n'Roll Helene Fischer und laktosefrei geworden? ". Sie hinterfragt die Sinnhaftigkeit von Stress und Druck in deutschen Schulen und fordert Lehrfächer zu den Themen Lebensfreude und Empathie. Schließlich sind wir doch eigentlich tiefenentspannt auf die Welt gekommen. Wo ist diese Entspannung geblieben?
Sandra-Isabel Knobloch
