Terror im Wahlkampf

Kommentar

05.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr

Das Tatschema ist allzu bekannt: Ein Auto wird zur Waffe umfunktioniert, um Passanten zu töten. Mit Messern wird die Attacke fortgesetzt, auch hier das Ziel: möglichst viele Zivilisten zu ermorden. Am Samstagabend richteten drei Männer ein Blutbad auf der London Bridge an.

Der Terror hat wieder in London zugeschlagen. Doch so erschreckend der Anschlag für das Land ist, so wenig will sich eine Demokratie davon erschüttern lassen: Die Wahlen am kommenden Donnerstag, gab Premierministerin Theresa May bekannt, werden nicht verschoben. Der Wahlkampf ging gestern weiter.

In ihrer Ansprache nach der Attacke ging die Regierungschefin in dieser Hinsicht gleich in die Offensive. Sie präsentierte einen Vier-Punkte-Plan zur Bekämpfung des islamistischen Extremismus. Man müsse diese Ideologie nicht nur durch Terrorabwehr bekämpfen, sagte sie, sondern auch mögliche Gefährder rechtzeitig erkennen. Es dürfe zweitens keinen "safe space", keine Rückzugsorte für den Extremismus im Internet geben. Der Cyberspace müsse reguliert werden. Auch müssen drittens die Rückzugsorte für Extremisten in der realen Welt bekämpft werden, ob das nun in Syrien oder in Großbritannien selbst sei. Viertens schließlich sollen den Sicherheitskräften weitergehende Vollmachten gegeben werden und man werde längere Haftstrafen für Terror-Delikte einführen. "Es ist Zeit zu sagen: Genug ist genug", erklärte May.

Es ist ein Vierpunkteplan, der schnell auf viel Kritik stieß, vor allem, weil die Details fehlten. Wie kann eine Regulierung von Online-Seiten wie Facebook oder Youtube durchgesetzt werden, wenn diese nicht der britischen Gerichtsbarkeit unterliegen? Wie soll die Ghettoisierung der britischen Gesellschaft in der Praxis rückgängig gemacht werden? Wie können längere Haftstrafen einen Terroristen abschrecken, der es darauf anlegt, bei seiner Tat ums Leben zu kommen? Weniger ein Plan, mehr eine Absichtserklärung war es, was Theresa May den Briten anbieten konnte.

Für den Wahlkampf allerdings setzte ihre Ansprache das Thema Sicherheit wieder an die erste Stelle. Der Herausforderer und Labour-Chef Jeremy Corbyn reagierte mit einem Angriff auf May selbst, die ja als Innenministerin seit 2010 und Premierministerin seit einem Jahr verantwortlich für die nationale Sicherheit zeichnet. Corbyn verdammte die Sparpolitik der Regierung. "Man kann die Öffentlichkeit nicht auf die billige Tour beschützen", sagte er.

Während sich Herausforderer und Regierungschefin gegenseitig beharken, müssen sich die Briten in den wenigen verbleibenden Tagen ihre eigene Meinung darüber bilden, wer von den beiden besser geeignet ist, für die nationale Sicherheit zu sorgen - und es sieht eher danach aus, dass am Wahltag der Amtsbonus von Theresa May hier den Ausschlag geben wird.