München
Tengelmann verschwindet

Edeka Südbayern flaggt bis Ende September 170 übernommene Läden um

27.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:43 Uhr

Edeka statt Tengelmann: Claus Hollinger, Geschäftsführer von Edeka Südbayern, demonstrierte gestern in München, wie die "Umflaggung" der übernommenen Tengelmann-Läden vor sich geht. - Foto: Stäbler

München (DK) Aus Tengelmann wird Edeka. In Südbayern sollen bis Ende September 170 Läden umgeflaggt sein. In München zeigte Edeka Südbayern gestern, wie das aussieht.

Eine spontane Umfrage, nur zwei Straßen vom Supermarkt entfernt. Wo geht's zum Edeka? "Na, des hamma hia ned", antwortet eine ältere Frau, die seit Kindesbeinen hier im Münchner Stadtteil Moosach lebt, ihren Namen jedoch nicht in der Zeitung lesen will. "Aber da voan, da hamma an Tengelmann." Sagt's und zeigt zur Dachauer Straße, wo nach einem kurzen Fußmarsch ein gelb-blaues Schild in der Ferne aufleuchtet - darauf der Schriftzug: Edeka.

Man muss der Frau, die wahrscheinlich seit Jahrzehnten hier einkauft, zugutehalten: Die gelb-blauen Schilder, die Fahnen und die Logos sind erst tags zuvor angebracht worden. Als einer der ersten Tengelmann-Läden in Bayern ist der Supermarkt in der Dachauer Straße "umgeflaggt" worden, so nennt das Claus Hollinger, Geschäftsführer von Edeka Südbayern in Gaimersheim. Um die Vorzüge der neuen gelb-blauen über die alte rote Welt zu preisen, hat er gestern Vormittag Journalisten eingeladen. Doch bevor es um die Zukunft der gut 170 Tengelmann-Filialen in Südbayern geht, muss man erst einmal zurückschauen - auf eine der spektakulärsten Übernahmen der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Ende 2014 kündigte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub an, seine seit Jahren defizitäre Supermarktkette an den Konkurrenten Edeka verkaufen zu wollen. Ein halbes Jahr später legte das Kartellamt jedoch sein Veto ein, welches Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im März 2016 per Ministererlaubnis aushebelte - unter der Auflage, dass die 15 000 Stellen bei Kaiser's Tengelmann erhalten bleiben. Dagegen klagte der Konkurrent Rewe, und erst unter Vermittlung von Altkanzler Gerhard Schröder einigte man sich im Oktober 2016 auf einen Kompromiss. Demnach übernimmt Edeka Tengelmann komplett; von den rund 400 Filialen gehen gut 60 an Rewe.

Diese hat der Kölner Konzern inzwischen umgestellt; etwas länger dauert das bei Edeka. "Ich werde oft gefragt, warum es nicht schneller geht", sagt Claus Hollinger vor dem Münchner Supermarkt. Er verweise dann stets auf zwei Punkte. Erstens, die technische Herausforderung, also die Umstellung auf das firmeneigene Warenwirtschaftssystem. Und zweitens, die logistische Herausforderung. Schließlich habe Edeka Südbayern gut 170 Filialen mit rund 5000 Mitarbeitern übernommen, dazu das Tengelmann-Lager in Eching und das Birkenhof-Fleischwerk in Donauwörth, so Hollinger.

Nachdem man die Umstellung in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen vorbereitet hat, wird der Besitzerwechsel nun auch für die Kunden sichtbar: Bis Ende September werden durchschnittlich 14 Tengelmann-Filialen pro Woche in Edeka-Märkte umgewandelt. Die Kosten hierfür liegen laut Hollinger im zweistelligen Millionenbereich. Am 1. Oktober soll die Umflaggung abgeschlossen sein. "Dann werá †den wir die Uhr auf null stellen", sagt der Geschäftsführer.

Und dann wird sich auch zeigen, ob Edeka es schafft, die mitunter defizitären Tengelmann-Filialen auf Profit zu trimmen. An rund 50 Standorten - meist kleinere mit einer Verkaufsfläche von weniger als 600 Quadratmetern - soll dies mithilfe eines neuen Konzepts und eines neuen Namens gelingen: "Edeka Xpress" heißen diese Läden, die "keine klassischen Vollsortimenter sind", betont Hollinger. Vielmehr gebe es hier vor allem "Produkte des täglichen Bedarfs", die jeweils "Standort-spezifisch ergänzt werden". Das Gros der Xpress-Läden findet sich in München; dazu kommen Filialen in Augsburg, Freising, Starnberg und Bad Tölz.