Ingolstadt
Temperamentvolle Nostalgie-Party

Standing Ovations für die Schlagerlegenden Peggy March, Ireen Sheer, Mary Roos und Lena Valaitis in Ingolstadt

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Frauenpower: Ireen Sheer, Lena Valaitis, Mary Roos und Peggy March (von links) sangen Hits der 60er- und 70er-Jahre und ließen sich nicht durch kleine Pannen oder Gags der Technik irritieren. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Sie haben es noch drauf - stimmlich wie von Bühnenpräsenz und Charisma her begeistern Peggy March, Ireen Sheer, Mary Roos, Lena Valaitis, Michael Holm und Graham Bonney alias die "Schlagerlegenden" im gut besuchten Ingolstädter Festsaal. Am Ende stehen die Fans dicht am Bühnenrand.

Mitreißende Medleys eigener, teils auch fremder Songs, jahrzehntealte Chart-Hits, viele neu arrangiert, moderner, poppiger, gelegentlich mal ein vergleichsweise aktuelles Lied wie das erst zwei Jahre alte "Showtime" von Ireen Sheer, dazu Rock'n'Roll-Einlagen von Holm und Bonney, locker aus dem Nähkästchen jahrelanger Bühnenerfahrung Geplaudertes und augenzwinkernde Selbstironie - die Mischung ist perfekt für einen unterhaltsamen Schlagerabend.

Das Alter? Klar, das lässt sich nicht wegleugnen, eignet sich aber bestens für Selbstironie und Koketterie. Wenn Peggy March lächelnd eingesteht, "ich weiß, ich bin die Kürzeste hier", und dann listig hinzufügt, "aber nicht die Älteste", dann klingt das absolut nicht nach Zickenkrieg oder Starallüren, sondern liebevoll-neckend. Das Publikum spürt vom ersten Moment an, dass hier tatsächlich Freunde auf der Bühne stehen, Künstler, die einfach Freude am Singen und dem Kontakt zu ihren Fans haben. Sie sind Selbstläufer und machen den Job von Moderatorin Christin Deuker leicht, die in schönster Ilja-Richter-Manier "Hallo Leute" ruft und auf das erwartete Echo trifft.

Solche Tricks sind ganz nett, würden aber nicht funktionieren, wenn die Stars nicht selber vom Hocker reißen würden - mit ihren Stimmen, ihren bekannten Melodien, die längst zu Evergreens geworden sind und die jeder mitsingen kann und darf. Tatsächlich reißen sie vom Hocker, jeder der sechs Altstars bekommt Standing Ovations der Fans nach seinem Solo-Block, mal sind es mehr, mal weniger Zuhörer, die aufstehen, bis nach dem Finale nahezu alle im Stehen klatschen und ihre Schlagerlegenden feiern. Legenden zum Anfassen, absolut locker und authentisch, die sich selbst offenbar nicht wichtig nehmen, einzig Holm wirkt gelegentlich so, als wolle er dem Alter ein Schnippchen schlagen. Grandios sein "Nur ein Kuss, Magdalena", das er - dem übrigens im Festsaal anwesenden, aber dezent im hinteren Drittel sitzenden Christian Bruhn (82) - widmet, dem "König des Schlagers".

Noch ein bekannter Name fällt. Ralph Siegel war es, der anno 1973 Ireen Sheer anrief, als sie gerade daheim in England bei ihren Eltern weilte und sagte: "Ireen, ich habe einen Hit für dich." Was ein Hit sei, müsste doch das Publikum entscheiden, fand sie, doch tatsächlich wurde "Goodbye Mama" ein solcher. Vorgestern Abend klang es rockiger als damals, der Akzent hat sich abgeschliffen und doch - oder vielleicht gerade deshalb - hört es sich zum Schwelgen schön an. Gänsehaut macht Peggy Marchs "Mit 17 hat man noch Träume", das sie a cappella singt, Graham Bonney zieht noch einmal seine "Sieben-Meilen-Stiefel" an, um sein "Super-Girl" zu animieren "Wähle 333" und verabschiedet sich mit "Rock around the clock". Von "Arizona Man" und "Nur die Liebe lässt uns leben" bis zum Medley "Aufrecht geh'n", mit dem sie zu mehr Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl aufruft, reicht die Palette von Mary Roos. Einen weiten Bogen vom 47 Jahre alten "Ob es so oder so oder anders kommt" zum einfühlsam von der Geigerin begleiteten "Buch des Lebens" spannt Lena Valaitis. Otti Bauer und seine Band erweisen sich als kongeniale Partner und bieten modernen Sound für in die Jahre gekommene, aber nicht minder hörenswerte Hits, die definitiv live gesungen werden, was deutlich an Akzentverlust und Timbre der gereiften Stimmen zu hören ist.

Zweieinhalb Stunden verfliegen wie Minuten, und sogar in der Pause gehören die Stars ihren Fans. Bonney, Holm und Sheer signieren und versehen Autogrammkarten mit persönlichen Widmungen.