Teeren und Federn ist out

25.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr

Autoritär?

Antiautoritär? Diese Frage drängt sich oftmals auf, geht es um - nein, nicht um den Führungsstil deutscher Politiker, sondern um die Erziehung. Dürfen Omas und Opas die Zügel schleifen lassen, wenn die Eltern nicht in der Nähe sind? Na klar dürfen sie das. Sonst fragen sich die Kinder, wozu Oma und Opa denn eigentlich da sind? Dürfen Lehrerinnen und Lehrer die Kinder zur Ordnung rufen, wenn sie zum Beispiel vor Unterrichtsbeginn Stühle durchs Klassenzimmer werfen? Aber hallo. Selbstentfaltung hin, Spaß an der Schule her: Da wirkt ein ordentlicher Schrei des Pädagogen wahre Wunder - am besten abgeschlossen von einer 45-minütigen Diskussion über Eigentum, Sinn und Zweck der Schule und ein bisschen Ausgleichssport NACH der Schule. Jetzt wird es aber schwieriger: Dürfen Nachbarn nach Herzenslust eingreifen, wenn der achtjährige Nachwuchs auf dem Grundstück nebenan mit offenem Feuer spielt, dieses dann mit dem Schlauch löscht und ganz nebenbei Terrasse samt Wäschespinne eine Hausnummer weiter flutet? Kommt drauf an, sagt der erfahrene Burgbergler. Wenn die benachbarten Väter abends gerne mal ein Bierchen trinken oder gar zusammen joggen, wird der Eingriff in die Erziehung dezenter ausfallen. Sollten dies- oder/und jenseits der Grundstücksgrenze aber schon Pläne für eine baurechtlich gerade noch erlaubte blickdichte Zweimeter-Mauer liegen, kann man des Nachbars Schratzen in seine Schranken weisen. Verbal, versteht sich - weil die Zeiten, in denen das Anketten, Teeren oder auch Federn ungeliebter Personen schon lange Geschichte sind. Bleibt es eben bei dezenten, in höfliche Fragen verpackten Hinweisen: "Du, magst Du mit dem Schlauch nicht mal in die andere Richtung spritzen? " Heftigere Ausbrüche vernietet die eigene Erziehung Gott sei Dank. Wenn in Sachen Erziehung doch mal geschrien wird, dann doch bitte von Mama und/oder Papa. Da darf es keine Rolle spielen, wo der Nachwuchs in die Spur gebracht wird. Am besten ist natürlich der Keller geeignet, meist abhörsicher und von den Nachbarn uneinsehbar. Zur Not tut es das erdgeschossige Wohnzimmer. Ebenfalls uneinsehbar, aber selten so gedämmt, dass die Schreie ungehört in den eigenen vier Wänden verhallen. Bis hierher finden auch wir Burgbergler, im Schatten der Burgmauer, hinter der einstmals bei störrischen Zeitgenossen noch ganz andere Methoden angewendet wurden, alles okay. Es ist schon von Vorteil, dass bei uns auf dem eher beschaulichen Land so etwas ausschließlich in den eigenen vier Wänden geklärt wird. Und wenn Keller oder Wohnzimmer doch nicht taugen, verstecken sich die Vohburger im Warmbad. Weil da in der warmen Jahreszeit fast noch weniger los ist als im eigenen Wohnzimmer. Da lässt es sich stundenlang trefflich mit den Kindern diskutieren. Und wenn sich doch ein Fremder im Bad verirrt, wird dieser eben kurzerhand kostenfrei miterzogen. So selbstlos sind wir in Vohburg.