Taktischer Schlagabtausch

Kommentar

10.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:12 Uhr

Genug Personaldebatten - Zeit für Sachpolitik, hat Horst Seehofer gestern befunden und mehrfach betont, er habe sich nie öffentlich an möglichen Diskussionen um den besten Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl beteiligt. Zwar sind von Seehofer tatsächlich keine öffentlichen Namensnennungen bekannt.

Die Deutung, dass es sich bei seinen Einlassungen und Anspielungen zu "Alphatieren" und zur Trennung von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt aber einzig um "strategische Überlegungen" und nicht um Personaldebatten handelt, dürfte er aber exklusiv haben.

Von dieser Wortklauberei abgesehen, fragen sich aber derzeit einige in der CSU, was den Vorsitzenden zu diesem Vorstoß bewogen hat. Welches Ziel er mit der Debatte um einen Parteichef am Berliner Kabinettstisch verflogt, ist vielen CSUlern ein Rätsel. Schließlich wäre es eine enorme machtpolitische Selbstschwächung, wenn Seehofer einem anderen Kandidaten den Vorsitz übertragen oder selbst nach Berlin wechseln würde.

Das oberste Ziel des Parteichefs, so die Meinung vieler Beobachter, lautet aber weiterhin: Finanzminister Markus Söder als Nachfolger verhindern. Dieser würde den Parteivorsitz aber wohl nicht kampflos an sich vorbeiziehen lassen, wenn Seehofer wirklich im kommenden Jahr abtreten sollte.

Andererseits könnte die Bundestagswahl hier auch zum großen Trumpf werden. Denn eine Kampfkandidatur um den Chefposten nur wenige Wochen vor der Wahl wäre für die Partei nahe an der Selbstzerstörung. Ob Söder so weit gehen würde, ist daher die große Frage. Der taktische Schlagabtausch hat wohl gerade erst begonnen.