Eichstätt
"Systemgefährdend"

Jugendamtsleiter Siegmund Hammel über neue Träger in der Kindertagespflege

18.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:29 Uhr

Eichstätt (hr) Eindringlicher könnte die Warnung nicht sein: „Nicht überdacht“, „merkwürdig“, gar „systemgefährdend“ nennt der Leiter des Amtes für Jugend und Familie am Landratsamt Eichstätt, Siegmund Hammel, den Artikel 20 a des Bayerischen Kinderbildungs- und -Betreuungsgesetzes (BayKiBiG), der seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt. Demzufolge kann die Errichtung einer Kinderbetreuungseinrichtung künftig nur mehr mit der Gemeinde abgesprochen werden.

Das Jugendamt als Kontrollorgan ist dann nicht mehr gefragt.

Denn während vor dem 1. Januar die Förderung der Tagespflege über das Jugendamt lief – das Amt somit auch eine Kontroll- und Aufsichtsfunktion über die Tagespflegeeinrichtungen und Tagespflegepersonen hatte – kann jetzt jeder Träger einer Tagespflege direkt einen Vertrag mit der Gemeinde schließen. Ist dies erst einmal geschehen, hat der Träger Anspruch auf buchungszeitbezogene Förderung durch den Freistaat.

Damit allerdings ist das Jugendamt, über das die buchungszeitbezogene Förderung durch den Freistaat früher lief, nicht mehr beteiligt. Somit hat das Jugendamt auch keine Kontrolle mehr über diesen Träger oder seine Arbeit, wie der Leiter des Amtes für Jugend und Familie am Landratsamt Eichstätt, Siegmund Hammel, gegenüber unserer Zeitung und auch gegenüber den Bürgermeistern im Landkreis Eichstätt kürzlich zum Ausdruck brachte. Hammel forderte die Bürgermeister auf, sich mit dem Jugendamt in Verbindung zu setzen, sollte in einer der Gemeinden die Absicht bestehen, einen Vertrag mit einem Träger einzugehen.

Das Sozialministerium allerdings sieht die Sache anders. Die in Artikel 20 a angesprochene Großtagespflege sei eine Sonderform der Tagespflege, bei der bis zu drei Tagespflegepersonen kooperieren und bis zu 16 Kinder betreut werden, heißt es auf eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung. Notwendig für eine derartige Großtagespflege sei eine Pflegeerlaubnis des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, das heißt des Landkreises oder der kreisfreien Stadt. Die Jugendämter seien dafür zuständig, „die Eignung der Tagespflegepersonen sowie der Räumlichkeiten festzustellen und dafür zu sorgen, dass eine Kindeswohlgefährdung ausgeschlossen ist“.

Die gelte auch dann, wenn es sich bei dem Träger nicht um Tagespflegepersonen, sondern um rein wirtschaftlich handelnde Personen ohne Qualifikation als Tagespflegepersonen handele.

Die Rathauschefs sehen den Neuerungen mit gemischten Gefühlen entgegen. Ohne Qualifizierung und Kontrolle der Träger von Tagespflegeeinrichtungen sei einem „Wildwuchs“ Tür und Tor geöffnet, sagte Wettstettens Bürgermeister Hans Mödl. Ohne Qualifikation und Nachweis seien derartige neue Träger „imageschädlich“ für die bestehenden Einrichtungen oder Angebote, wie sie beispielsweise über die KinderWelt bereitgehalten würden.