München
Süchtig nach der Suche

Peer Boysen lässt in der Münchner Schauburg den "Prinz Eisenherz" nach dem Gral forschen

20.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:35 Uhr

Merlin wankt auf Kothurnen, und eine depressive Schildkröte straft seine Ideen Lüge: Auch der dritte Teil von „Prinz Eisenherz“ steckt voller liebenswerter Details - Foto: DigiPott

München (DK) „Same same, but different“, bekommt man in Thailand oft zu hören, wenn man die Speisekarte oder eine Preisstaffel genauer erklärt bekommen möchte. Das Gleiche, nur eben anders ist auch der dritte Teil von Peer Boysens „Prinz Eisenherz“-Saga.

Das ist zunächst einmal kein Manko: Originell und pointiert ist dieses Großprojekt der Münchner Schauburg immerhin. Auch der Comic-Held, dessen Aventüren ihr zugrunde liegen, hat schließlich seit seinem ersten Abenteuer im Jahr 1937 kaum Spuren der Alterung gezeigt – und offensichtlich auch nie den Friseur gewechselt.

Also auf ein Neues! Wieder sitzt das Publikum im steil ansteigenden, noch immer nach Bauholz duftenden Halbkreis: Die Blicke sind gerichtet auf das Halbrund der Tafel von König Artus – doch dieser ist inzwischen ein Politiker unserer Zeit, eifrig ins Publikum winkend und Phrasen dreschend. Wir befinden uns im Parlament, willkommen in der Gegenwart! So beginnt der Theaterabend gleich einmal mit dem gemeinschaftlichen Absingen von „Rule Britannia“. Das alles ödet einen an: Prinz Eisenherz, der erwachsen geworden ist und die ersten Pubertätsstürme überstanden hat. Er trägt nun metallfarbene Strickstrumpfhosen und will ein Pferd, giert nach dem Kampf – stattdessen soll er auf Wunsch des Königs und des Zauberers Merlin den öden Gral suchen! Was ist das eigentlich, und wer braucht den schon? Schon geht’s los, das Abenteuer, Episode für Episode – und weil der Regisseur sich und seiner Ästhetik treu bleibt, erkennt man seinen zupackenden Griff wie seinen etwas umschweifigen Duktus wieder und trifft auf alte Bekannte: Die blonde Königin Ginevra (Julia Meier) ist noch etwas marinierter geworden, Merlin stöckelt noch verwegener auf seinen Plateauschuhen durch die Zeiten.

Aber es kommen auch neue Gesichter ins Spiel, die unglückliche Schildkröte Gustava beispielsweise. Geister aus vergangener Zeit manifestieren sich: So trifft Eisenherz den Mörder seiner Mutter, den Tyrannen Sligon (David Johnston). Er sitzt nun glücklich am Fluss, hält seine Angel ins Wasser. Längst hat er den einst heiß umkämpften Thron wieder verloren und behauptet, den Gral gefunden zu haben. War alles sinnlos? So bleibt dem Sinnsucher Eisenherz nur, die Frage aller Fragen an die Schauspielerkollegen hinter den Figuren weiterzureichen: Was ist für dich der Gral?

Das alles ist wieder liebevoll ausgestattet, punktet mit einigen Bühnentricks, die man nicht täglich zu sehen bekommt, und wird – bei allen Längen – handwerklich solide umgesetzt. Immer mehr verschmilzt dieses verschworene Ensemble, bei dem man nun Puppenspieler (David Johnston und Mano Giesen), Musiker (Greulix Schrank und Taison Heiß) und Schauspieler (Lucca Zücjer, Julia Meier, Thorsten Krohn und Markus Campana in der Titelrolle) kaum mehr unterscheiden kann. Ein Wahnsinnsprojekt, eine Soapopera im Theaterformat. Das könnte im Grunde endlos so weitergehen, sofern Peer Boysen nicht die Puste ausgeht oder einer seiner Schauspieler das Engagement wechselt. Eine fast gruslige Vorstellung, wie man in zehn, in zwanzig, in vierzig Jahren dann wieder in der Schauburg sitzt und dem ergrauten Markus Campana zusieht, während sein Eisenherz noch immer die vielfältigen Traumata seiner Kindheit bewältigt.

Weitere Termine am 2., 4., 26., 27. Februar. Zusätzlich gibt es einige Vormittagsvorstellungen.