Ingolstadt
Suche nach dem perfekten Song

Paul Millns und Jeb Rault beim Ingolstädter Bluesfest

25.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

Kreativer Komponist: Jeb Rault beim Bluesfest. - Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) So unterschiedlich sie im Grunde aus sein mögen, so haben Paul Millns aus London und Jeb Rault aus New Orleans, die an diesem Abend in der Neuen Welt zum Doppelkonzert antreten, doch einen gemeinsamen Ansatz.

Sie sind zwar beide durchaus erstklassig an ihrem jeweiligen Instrument, Mills am Piano und Rault als Gitarrist, aber die Demonstration von Fingerfertigkeit an Saiten und Tasten ist ihr Hauptziel nicht.

Ihnen geht es eindeutig in erster Linie um möglichst gelungene Songs, um die passende Melodie zum textlichen Inhalt, um die optimale musikalische Umsetzung von selbst erlebten oder ausgedachten Geschichten, um vertonte Botschaften an die Liebste auf der einen und Sozialkritik nach Noten auf der anderen Seite. Natürlich färbt die Herkunft auf die Musik ab. Millns ist britischer Singer/Songwriter von echtem Schrot und Korn mit einer Stimme zwischen Randy Newman und Tom Waits, Rault einer der kreativsten jungen Komponisten aus der Crescent City, der den Style dieses musikalischen Schmelztiegels auf den Punkt bringt.

Das Ergebnis hat manchmal etwas mehr mit Blues zu tun, manchmal etwas weniger, was aber im Grunde egal ist, nachdem das Festival ja "Blues & More" im Untertitel trägt. Millns bringt viele Songs aus seiner aktuellen CD "Gone Again" und ein paar ältere, darunter die genialen "Gasoline Heart" und "Calling All Clowns" zu Gehör, ist Lyriker, Poet und Sozialkritiker in einem, thematisiert kleine Sorgen ebenso wie große Nöte. Rault's Eigenkompositionen "In The Moonlight" und "Floatin' In The Middle" erreichen durchaus die Qualität der Millns-Nummern, aber damit gibt sich der Mann aus Louisiana nicht zufrieden. Er nimmt sich auch noch eine Handvoll Klassiker von Snooks Eaglin oder Robert Johnson vor, sucht nach der für ihn optimalen Interpretationsmöglichkeit, nach dem idealen Zuschnitt.

Natürlich gibt es "den perfekten Song" nicht, auch nicht für stets nach ihm suchende Könner wie Millns und Rault. Wie freilich jeder der beiden für sich - der eine als Leiter einer kleinen aber feinen Pianocombo, der andere als Chef einer kraftvoll zulangenden Gitarren-Bluesband (jeweils identisch besetzt mit Vladi Kempf am Schlagzeug und Ingo Rau am Bass) immer wieder neue Songperlen oder wahlweise höchst originelle Adaptionen aus dem Hut zaubert, das ist in höchstem Maße spannend und sehr reizvoll für die Zuhörerschaft, die auch immer wieder lautstark kundtut, dass ihr dieses Doppelkonzert jede Menge Spaß macht. Und als kleines Bonbon obendrauf und als Abschiedsgeschenk für den scheidenden Bluesfest-Organisator Walter Haber gibt's dann in der Zugabe sogar noch eine gemeinsam von beiden vorgetragene Version von Bob Dylan's "Crash On The Levee". Ein Konzertabend, wie man ihn sich runder und stimmiger kaum wünschen könnte.