Riedenburg (er) Das Gewürz für die Gulaschsuppe liegt bereit, die Instrumente der Musikanten sind gestimmt und auch Zigeunerbaronin Andrea Dietz hat ihre Strategie für den Sturm auf das Rathaus am Samstag bereits entworfen.
Die noch amtierende Regentin der Faschingszigeuner von Riedenburg hofft bei dem schon traditionellen Termin am 11.11. um 11.11 Uhr auf einen leichten Sieg über die Bürokraten, denn üblicherweise ist das Rathaus am Wochenende ja leer.
Wohl nur Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) und ein paar Getreue werden dem Ansturm der Baronin samt ihrem Gefolge und natürlich allen Faschingsfreunden aus der Region - selbst, wenn die keine Zigeuner sind - begegnen. Dort, wo sonst tiefsinnige Ratssitzungen und wegweisende Beschlüsse in demokratischer Reinkultur zelebriert werden, schlagen die Zigeuner dann im Sitzungssaal ihr monarchisches Lager auf. Gulaschsuppe, Freibier und Blasmusik für alle ist die Devise, die Andrea Dietz als letzte Amtshandlung ausgibt.
Denn einmal im Thronsaal der regionalen Macht angelangt, wird Zigeunerurgestein und Protokollmeister Willi Jetten auch gleich ihre Nachfolgerin und neue Baronin Claudia Raffelt proklamieren. "Andere gehen in den Stadtrat und lassen sich zum Bürgermeister wählen. Ich bin auf dem leichten Weg zur Macht gekommen", feixt die Nochregentin Andrea Dietz im Rückblick. Etwas griesgrämig ist sie nur, weil Bürgermeister Lösch bei der letztjährigen Schlüsselübergabe nicht mit ihr getanzt hat.
Der Tanz mit dem Bürgermeister dürfte für ihre Nachfolgerin Claudia Raffelt nur die kleinste Herausforderung sein. Gerüchte rund um den Gulaschkessel sprechen sogar davon, dass die neue Baronin ihre frische Schlüsselgewalt und die Zeit der verwaisten Schreibtische in der Riedenburger Staatskanzlei nutzen möchte, um gleich nach der Schlüsselübergabe ein Zigeunerreich auszurufen. Fleißige Helfer bereiten bereits heimlich Visa-Formulare vor, die just an diesem 11.11. ab 11.11 Uhr namentlich erteilt und mit Stempel- oder Daumenabdruck bestätigt werden. Jeder, der an diesem Faschingsbeginn dabei ist und so ein Zigeuner-Papier haben möchte, bekommt umgehend während der Zigeuner-Regentschaft im Rathaussaal eines ausgestellt. Eingeladen dazu sind natürlich nicht nur die Vereinsmitglieder der Riedenburger Faschingszigeuner, sondern alle Faschingsfreunde egal ob mit oder ohne Verkleidung. Wer später beim großen Zigeunerfasching am Faschingsdienstag dieses Visum im Zigeunerlager vorzeigt, erhält einen kostenlosen Begrüßungsschnaps.
Auch die neue Kinderbaronin Antonia Dietz wird zeitgleich im Rathaussaal in ihr Amt gehievt. Sie verspricht dem jungen Zigeunervolk bei den Umzügen und auch zu diesem Anlass einen wahren Bonbonregen. Und vielleicht hat sie an diesem Samstag sogar noch etwas mehr dabei. Auch die Kinderregentin lädt ihre Untertanen quer durchs Land zu dieser ersten Faschingssause bei Gulaschsuppe, Kindersekt oder Limo in den Rathaussaal ein.
Dass ihr derartiger Faschingsauftakt ein denkwürdiges Ereignis ist, weiß der Vereinsvorsitzende Bernd Schmid aus der Erfahrung der Vorjahre nur all zu gut. "Bei der Schlüsselübergabe war schon immer eine tolle Stimmung im Sitzungssaal - vermutlich die beste Stimmung des ganzen Jahres", schmunzelt er. Vor etwa 13 Uhr werden die Faschingszigeuner und ihr Anhang die Amtsstuben kaum räumen.
Danach ist natürlich längst nicht Schluss, die ganze Gruppe zieht anschließend mit den Musikanten voran durch die Dreiburgenstadt von Kneipe zu Kneipe - ganz dem Ruf ihrer Zunft entsprechend. Endpunkt wird nicht vor 18 Uhr die Fasslwirtschaft sein. Die Wirtsleute unterbrechen eigens für die Faschingszigeuner und die gesamte lustige Truppe ihren Urlaub und sperren die Türen ihrer Wirtschaft bis weit in die Nacht hinein auf.
