Streit um Schüsseln

09.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:40 Uhr

Die Schüsseln sollen weg: Eine Immoblienverwaltung droht im Namen des Eigentümers mit Kündigungen, weil einige Mieter in der Rheinbergerstraße ihre Satellitenanlagen nicht entfernen wollen. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Das Thema ist nicht neu, hat aber nach wie vor Brisanz: Satellitenschüsseln in Wohnanlagen. Mietern im Piusviertel wurde jetzt mit Kündigung gedroht, sollten sie ihre Anlagen nicht entfernen.

Viele Vermieter oder Wohnungsbaugesellschaften untersagen Satellitenschüsseln, oft zum Leidwesen der Mieter. Nicht nur wegen der Kosten für das Kabelfernsehen, sondern auch, wenn es häufig um den Empfang ausländischer Programme geht.

Für Bewohner der Rheinbergerstraße 1 bis 11 hat sich die Auseinandersetzung jetzt zugespitzt: Weil sie ihre Schüsseln trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung nicht entfernen, wurde ihnen wegen Verstoßes gegen die Hausordnung sogar mit Kündigung gedroht. "Sowohl die Kosten des Gerichtsverfahrens als auch diese aus der Entfernung der Satellitenschüssel durch eine Fachfirma gehen dann in voller Höhe zu ihren Lasten", endet das Schreiben der Immobilienverwaltungsgesellschaft, die den Eigentümer vertritt.

Die drohende Kündigung sorgt für helle Aufregung, denn viele Leute leben schon 20 Jahre und länger in den Wohnungen, die ursprünglich der Neuen Heimat gehörten. Inzwischen hat es mehrere Eigentümerwechsel gegeben. Warum sie jetzt ihre Schüsseln abmontieren sollen, gegen die bisher niemand etwas einzuwenden hatte, sehen die Mieter nicht ein. Für viele Bewohner sind die Programme wie ein Stück alte Heimat: "Ich hab’ die Anlage jetzt zwar abgebaut, aber ich bin richtig traurig, weil mir die Nachrichten von daheim fehlen", sagt jemand, der lieber anonym bleiben will.

Dass der Eigentümer das Thema Satellitenschüsseln gerade jetzt vorantreibt, liegt wohl auch daran, dass die Wohnanlage schrittweise saniert wird. Da geht es nicht nur um die Optik, sondern auch um mögliche Beschädigungen der neuen, gedämmten Fassade. Genau aus diesen Gründen sind beispielsweise auch bei der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG), dem größten Vermieter vor Ort, Satellitenschüsseln untersagt. "Wir versorgen unsere Mieter ausreichend mit Programmen und bemühen uns auch, Sonderwünsche hinsichtlich exotischer Sender zu erfüllen – ob es sich nun um arabische, russische oder iranische Programme handelt", so einer Sprecherin der GWG. Allerdings gebe es immer wieder uneinsichtige Mieter.

Ob man denen wie im Falle Rheinbergerstraße mit Kündigung drohen kann, ist eine schwierige rechtliche Frage. Der Immoblienverwalter beruft sich in den Schreiben an die Mieter auf mehrere Gerichtsurteile, nach denen ein Vermieter nicht verpflichtet ist, ausländischen Mietern die Anbringung einer Satellitenanlage zu gestatten. Rechtsanwalt Gerhard Wagner, der den Ingolstädter Mieterverein berät, weist darauf hin, dass sich aus der Tatsache allein, dass der Alteigentümer die Satellitenschüsseln geduldet habe, noch kein Rechtsanspruch der Mieter gegenüber dem neuen Eigentümer ergebe. "Allerdings spielen die Umstände des Falles eine Rolle, die in eine vertragliche Regelung münden können", so Wagner. "Wir prüfen jetzt, ob der Alteigentümer seine Zustimmung zur Duldung in irgendeiner Form kundgetan hat." Da genüge schon eine Bemerkung wie: "Passt schon."

Nach Auskunft der Immobilienverwaltung sind bisher keine Kündigungen ausgesprochen worden. Man werde im Einzelfall prüfen, ob der Mieter seine heimatsprachlichen Sender auch ohne Schüssel empfangen könne, heißt es versöhnlich. "Im Mietrecht benötigt man schon einen speziellen Grund für eine Kündigung. Ich persönlich denke, dass eine solche Kündigung den Anforderungen nicht standhalten könnte", erklärt Rechtsanwalt Wagner. "Der Vermieter könnte vielleicht klagen auf Entfernung der Anlagen, aber nicht, was das gesamte Mietverhältnis betrifft."