(ada)
Stadtgeflüster vom 3. September 2015

02.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

(ada) Wer in diesen Tagen aus dem Urlaub zurückkommt und sich zum Beispiel mit dem Flugzeug im Landeanflug auf München befindet, ist schnell fasziniert von der Ordnung, die einem schon aus der Luft geradezu entgegenschlägt.

Alles, was das Auge erblickt, ist mit großer Akribie geordnet: Felder, Dörfer, Städte. Überall Straßen, Verkehrskreisel, Industriegebiete. Und alles ist feinsäuberlich abgegrenzt wie sonst kaum auf der Welt.

Auch am Boden setzt sich das Bild der Ordnung lückenlos fort. Während anderswo Straßenleitlinien, Mittelstreifen, Parkplatzmarkierungen und ähnliche Dinge eher beratenden Charakter für die Verkehrsteilnehmer haben oder gleich ganz fehlen, wird hier schnell klar, warum man uns im Ausland gerne unterstellt, lieber einen Frontalzusammenstoß zu riskieren, als über eine durchgezogene Linie zu fahren.

Doch manchmal schießt der Ordnungssinn auch über das Ziel hinaus. Dann werden teure Markierungen gleich wieder entfernt, kaum dass sie angebracht wurden. So wie seinerzeit in der Gutenbergstraße, wo nach der Erneuerung der Asphaltschicht zunächst eine in weitem Bogen geschwungene Mittelleitlinie um eine Bushaltestelle herumführte und kurz darauf teilweise wieder schwarz übermalt wurde. Oder damals in der Donaustraße. Als rund um eine Verkehrsinsel schicke, von innen beleuchtete Markierungen in den Boden eingelassen wurden. Kaum dass ein paar Linienbusse darübergefahren waren, waren sie jedoch zerbröselt. Später hat man sie klammheimlich entfernt. Die letzten Spuren davon werden dort seit gestern mit dem Pflaster der Verkehrsinsel beseitigt.

Auch beim Bau der Glacisbrücke vor 17 Jahren war man sich bei den Fahrbahnmarkierungen offenbar etwas unsicher. Dort, wo sich unter der Grünbrücke die von Süden kommenden Fahrbahnen zu einer verengen, wurde eine Spur immer schmaler, bis sie schließlich an der Mittelleitlinie endete. Dem, der da fuhr, ging sozusagen plötzlich die Spur aus, was so manchen braven Autofahrer überforderte. Also wurde auch diese Markierung schnell wieder mit schwarzer Farbe übermalt. Bei nassem Asphalt sah man sie trotzdem noch.

Doch jetzt herrscht hier Klarheit. Nach dem Ende der Straßensanierung wurden neue breite, strahlend weiße Markierungen aufgebracht. Genau in der Mitte der Fahrbahn. Genau dort, wo sich auf den zweieinhalb bis drei Spuren der Brücke bislang eine fast südländische Gelassenheit im Vorbeischlängeln, Drängeln und Einfädeln breitgemacht hatte, um den Raum optimal auszunutzen. Jetzt ist wieder Ordnung eingekehrt. Wir sind gespannt, ob sich die Ingolstädter daran halten. Nicht, dass wieder alles übermalt werden muss. Doch ganz egal, wie die Linien gezogen werden, eines lässt sich nicht ändern: Breiter wird die Brücke dadurch nicht.