(kue)
Stadtgeflüster vom 3. März 2016

02.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:08 Uhr

(kue) Es ist rot! Das neue Baby, das die Audi-Familie auf dem Genfer Autosalon der staunenden Fachwelt präsentierte, ist rot. Seinen großen Brüdern ist es zwar wie aus dem Gesicht geschnitten, aber es ist kleiner, weniger adipös, irgendwie normaler - und es ist rot.

Nicht orcaschwarz, tintenblau oder argusbraun, sondern rot. Was bei einem Blick auf die von schwarzen, grauen und weißen Audis bevölkerten Ingolstädter Straßen und Parkplätze aussehen wird wie die Folge eines Gendefekts, könnte bei näherer Betrachtung ein Erbe seines Oheims Walter de Silva sein, bis Ende vergangenen Jahres Chefdesigner bei VW. Der Italiener drückte zuvor den Modellen von Alpha Romeo seinen Stempel und ihre rote Farbe auf. Und auch der Name Q 2 war bis vor Kurzem noch den Kindern der italienischen Sportwagenschmiede vorbehalten. Doch die Verwandtschaft mit einer italienisch-eleganten Guilietta wird von den Eltern von der Ettinger Straße strikt verneint. Sie preisen vielmehr die breiten Schultern und kantigen Züge ihres jüngsten Sprösslings. "Er strotzt vor Energie und Selbstbewusstsein", sagen sie voller Stolz.

Am Ort seiner Geburt wird es der Kleine freilich schwer haben. Nicht etwa, dass der 1200 Kilo schwere und bis zu 190 PS starke Kraftprotz den Anforderungen des Ingolstädter Großstadtdschungels nicht genügte. Oder dass seine Geländegängigkeit den von Sparkommissar Albert Wittmann wie ein Menetekel an die Wand gemalten künftigen Haushalts- und Asphaltlöchern nicht gewachsen wäre. Nein, es liegt einfach am Traditionsbewusstsein der Ingolstädter. Zum einen lieben die Schanzer das Understatement und dazu gehören dezente Farben. Zum anderen sind halt die Vororte und Speckgürtelgemeinden mit den betuchten Käufern immer noch ländlich geprägt und da musste der neue Bulldog schon immer größer sein, als der des Nachbarn . . .