(rh) Das Leben eines kommunalpolitischen Berichterstatters besteht in Ingolstadt zu einem nicht geringen Teil daraus, den Bau neuer Hotels anzukündigen. Der Lokalreporter tut dies immer wieder gern und aus innerster Überzeugung.
Muss es ihm doch ein Anliegen sein, der heimischen Bau- und Fremdenverkehrswirtschaft neue Impulse zu geben. Der Satz „Diese Stadt braucht ein Fünfsternehaus“ sollte nach seiner Ansicht ebenso zum Schanzer Selbstverständnis gehören wie der Satz „Diese Stadt braucht einen Bundesligaklub“.
Seriöseren Journalistenkollegen ist freilich längst aufgefallen, dass sich zwischen den Ankündigungen des Rathausreporters und dem ausbleibenden Vollzug im Ingolstädter Übernachtungsgewerbe seit Jahren ein wachsendes Missverhältnis auftut. Nicht genug damit, dass nach Pressekonferenzen irgendwelcher Investoren ständig neue Projekte in die Umlaufbahn gebracht wurden, die dann doch nicht kamen. Auch für ein angeblich auf dem Gießereigelände geplantes Kongresshotel der Spitzenklasse hat unser Spezialist, der von diesem Produkt seiner regen Fantasie einfach nicht lassen will, schon die verschiedensten Betreiberketten ins Rennen geschickt, darunter so bekannte Namen wie Dorint, Steigenberger und Maritim.
Wenn es am Morgen in der Redaktionskonferenz von seiner Seite wieder heißt, diesmal habe der Bau der schon lange versprochenen Nobelherberge aber wirklich echt gute Chancen, verdrehen die genervten Kollegen nur noch die Augen. Man überlegt inzwischen, ob man diesem allzu leichtgläubigen Redakteur das Thema Hotel nicht besser ganz entziehen und ihn mehr so historische Geschichten schreiben lassen sollte. Da kann er nicht so viel falsch machen. Obwohl: Neulich kam er doch allen Ernstes mit der These daher, dass Napoleon im April 1809 eigentlich vorhatte, mehrere Tage in Ingolstadt zu verweilen. Als der Kaiser jedoch in der Stadt keine erstklassige, seiner Bedeutung angemessene Übernachtungsmöglichkeit vorfand, sei er überstürzt noch in der ersten Nacht abgereist.
