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Stadtgeflüster vom 25. Juni 2012

24.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:21 Uhr

(rh) Als Wiege des Automobilbaus im Premiumsegment ist die Stadt Ingolstadt weithin berühmt. Und auch bei der intelligenten Steuerung der Verkehrsströme lassen sich unsere heimischen Planer so leicht von niemand übertreffen. Seit Einführung des Signalprogramms Travolution tendieren die Wartezeiten an den Ampeln im Stadtgebiet gegen Null.

Die grüne Welle konnte dank modernster Technologie praktisch flächendeckend durchgesetzt werden. Ingenieure aus aller Welt, selbst aus dem fernsten China, pilgern an die Donau, um an den Ringstraßen und Kreuzungen verblüfft auszurufen: So viele schöne Autos, so viele grüne Ampeln, wie schaffen diese Ingolstädter das bloß!

Als wäre des Staunens noch nicht genug, rüstet sich das städtische Baureferat nun zu einer weiteren Pioniertat, die das gesamte Verkehrswesen nachhaltig verändern, ja revolutionieren könnte. Die CO2-neutrale Klimatisierung hochsensibler Fahrbahnbeläge muss nicht länger ein ferner Traum bleiben. Man stelle sich nur mal vor: Ein Audi Q7 rollt mit der ihm eigenen Souveränität über eine Asphaltdecke, die zu jeder Jahreszeit auf die gleiche Temperatur gekühlt beziehungsweise erwärmt ist – was für ein Fahrkomfort! Und das alles absolut ökologisch korrekt!

Die führenden Köpfe des Baureferates prüfen derzeit alle Optionen, wie eine ungewöhnlich steile Brücke über die Bahnlinie nördlich des Marktkaufs winterfest gemacht werden könnte. Das beginnende Planfeststellungsverfahren für den Schneller Weg liefert ihnen dazu ein willkommenes Experimentierfeld. In einem Papier der Bauverwaltung werden „nachfolgende Maßnahmen“ in Erwägung gezogen, die den temperaturempfindlichen Straßenraum „vor plötzlich auftretender Glätte zu schützen“ vermögen: eine Taumittelsprühanlage, ferner der Einsatz von Geothermie (Beheizung und Kühlung der Fahrbahn), schließlich die Beheizung der Fahrbahn mit Fernwärme.

Zweifellos bahnbrechende Ansätze, die von ausgeprägtem Umweltbewusstsein zeugen, jedoch die Sache nicht ganz zu Ende denken. Warum also nicht gleich eine Lösung mit heimischem Holz wählen? Die alte Brauereiallee zwischen Ingolstadt und Oberhaunstadt steht den Straßenplanern als lästiges Begleitgrün ohnehin im Weg. Mit dem Holz dieser Baumstämme ließe sich die Brücke in einem kleinen Kraftwerk gut und gerne hundert Jahre lang beheizen sowie voll klimatisieren. Und der Radlweg nach Oberhaunstadt noch obendrein. Komisch, dass der Bund Naturschutz da nicht schon selber draufgekommen ist.