(hl)
Stadtgeflüster vom 22. Februar 2017

21.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

(hl) Wenn Sie der Zunft der Wirtschaftsprüfer oder der Portfolioberater angehören, hätten wir gestern beinahe Ihre Hilfe benötigt. Auch buchhaltungstechnisch versierte Mitmenschen, ach, beinahe jeder Viertklässler, der bei Vermittlung der Grundrechenarten aufgepasst hat, wäre uns recht gewesen.

Es ist nämlich so, und wir haben das schon oft genug zugeben müssen: Sobald es um Zahlen geht, kommen Journalisten ins Schleudern (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Dass Zeitungsschreibern schon mal die Kommastellen verrutschen, dass sie Potenzen mit Quadratwurzeln verwechseln, Megatonnen und Milligramm durcheinanderbringen und überhaupt bei allem, was mit Ziffern zu tun hat, irgendwie schnell den Überblick verlieren, hat wohl mit der Verkümmerung gewisser Hirnregionen zu tun. Solange dafür die sprachlichen und analytischen Fertigkeiten einigermaßen vorzeigbar sind, dürfen und werden sich die Verleger hoffentlich nicht beschweren.

Der Grund aller Aufregung: Die Kaffeewechselgeldkasse der Lokalredaktion steht vor einer Neustrukturierung. Die Sekretärin hat gestern eine Ausschüttung an die Anteilseigner vorgenommen und damit einige Verwirrung gestiftet. So wurde uns der Anteil eines erkrankten Kollegen treuhänderisch übergeben, was zunächst mal für unsere Vertrauenswürdigkeit spricht. Hinter uns frohlockte hingehen einer unserer Mitstreiter: "Oh, drei Euro fuffzig - wo ich doch nie etwas eingezahlt habe!"

Die Sache ist allerdings noch komplizierter: Zehn Euro waren im Laufe der Zeit aus dem Wechselgeldtopf abhandengekommen. Dabei waren über Kreditvergaben bei Kassengründung überhaupt keine Absprachen getroffen worden. Unter uns: Wir haben den Kollegen in Verdacht, der sich letztens ein neues Auto gekauft hat.

Der Ältestenrat der Redaktion hätte also allen Grund gehabt, einen Sonderermittler einzuschalten, hat dann aber aus Rücksicht auf das Betriebsklima davon Abstand genommen. Einen Blick in die Gründercharta der Wechselkasse hat dann aber immerhin noch Aufklärung im Fall des so unerwartet beschenkten Redaktionsnachbarn gebracht: Er hatte tatsächlich seinerzeit, 2007, mal fünf Euro eingezahlt, hatte das nur irgendwie vergessen. Jetzt jammert er natürlich herum: "Einsfuffzig Verlust - in gerade mal zehn Jahren!" Ja, das ist jetzt allen Anteilseignern so gegangen. Da hätten sie wohl doch besser in ein Bauherrenmodell investiert oder wären einem Hedgefonds beigetreten. Aber hinterher ist man ja immer schlauer.