(sic)
Stadtgeflüster vom 2. März 2012

01.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:46 Uhr

(sic) Der Münchner an sich ist zwar in der Welt zu Hause, wie er gern hervorhebt, aber die ist kleiner, als man denkt. Streng genommen verlässt ein wahrer Münchner seine Stadt nur ungern. Beliebte Muße-Orte (Garmisch, Gstad, Gardasee) zählt er eh zum erweiterten Münchner Umland, und wenn er doch mal in eine richtige Metropole reist, dann meist nur beruflich.

Nach Norden zieht es ihn sowieso nicht, zumindest nicht in Bayern. So hält sich hartnäckig die Vermutung, dass der nördlichste Punkt, den ein Durchschnittsmünchner in seinem Leben jemals erreicht, der Ikea bei Eching ist. Und selbst da kommt er sich schon vor wie auf einer Expedition. Wie soll ein Münchner dann erst eine Ahnung vom Rest des Freistaats entwickeln? So einer hält doch Oberfranken für einen Ausläufer der Taiga. Mit Weismain als letzter Bastion vor dem Polarkreis.

So ein Spezialist soll auch der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude sein, der Schwabinger Schöngeist, von dem es heißt, er habe seine Stadt noch nie verlassen, bis er die Anmut von Mykonos entdeckte, wohin er immer in die Sommerfrische fliegt. Ude zeigt sich auch nicht so ganz sattelfest, was die bayerische Pampas betrifft. Niederbayern, Oberpfalz, Franken, das verwechselt er gern mal, wie er zuletzt öfter unter Beweis gestellt hat. Aber ganz ehrlich: Solche Details braucht ein Münchner echt nicht zu wissen.

Zudem ist Ude in bester Gesellschaft. So hat letzthin etwa die renommierte Neue Zürcher Zeitung gemeldet: „Anfang Februar hatte Petroplus seine Raffinerie im fränkischen Ingolstadt aufgrund fehlenden Rohöls heruntergefahren.“ O weh. Wobei anzumerken ist, dass die Zürcher vermutlich die Schanz mit Ingolstadt in Unterfranken, Kreis Würzburg, verwechselt haben; das Dorf hat allerdings keine Raffinerie und falls doch, wäre das sicher schon aufgefallen.

Wann bitte wird unsere stolze altbayerische Herzogsstadt von all den Ignoranten endlich angemessen wahrgenommen? Am besten, wir laden mal Christian Ude ein. Da kann er dann, von der Neuen Zürcher begleitet, die Schanz entdecken, feststellen, dass auch hier die Straßen asphaltiert sind, und am Ende rufen: „Was habt s’ denn? Is doch schön bei Euch in Franken!“