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Stadtgeflüster vom 17. September 2015

16.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:48 Uhr

(sic) Das Feld des Lokaljournalismus ist besonders weit und wundervoll. Die Redakteure müssen immer in der Lage sein, spontan in Sphären auszurücken, die sie noch nie gesehen haben, und über Dinge zu berichten, die ihnen fremd sind; man kann ja nicht für alles ein Spezialist sein.

In kaum einem anderen Beruf hat man so schön die Möglichkeit, immer wieder Unbekanntes zu entdecken und Wertvolles dazuzulernen. Genau deswegen läuft man aber auch nirgendwo sonst so schnell Gefahr, sich vor Gesprächspartnern völlig zu blamieren.

Ein Kollege von uns durfte vor Jahren (noch in seiner Ausbildung) einmal dem Kämmerer der Gemeinde Waidhofen über die Schulter blicken. Der junge Mann schepperte auch gleich beeindruckt los: „Da schau her! Da kommt ja auf der linken und der rechten Seite der Bilanz immer genau dasselbe raus!“ „Äh, ja“, antwortete der Beamte teils geehrt, teils irritiert. „Das sollte auch so sein. Das Ganze nennt sich nämlich Kameralistik.“ Ach so. Ja ja. Gott, war das peinlich.

Der erwähnte Kollege ist bis heute eher im kommunalpolitischen, heimatgeschichtlichen und popmusikalischen Milieu daheim. In den Ingolstädter Kulturausschuss kann man ihn auch noch relativ unbesorgt schicken. Finanzen aber verbieten sich! Und Umwelt auch, denn der Redakteur offenbart arge Schwächen auf dem Felde der Flora und Fauna, mit besonders ausgeprägter Ignoranz gegenüber Kleingetier. Ferner hat er keine Ahnung von Trachtenmode, Intarsienschreinerei (mit der er beruflich auch schon konfrontiert war), Numismatik, Böllerschützenkunde und dem Kraftfahrzeugwesen.

Vor einigen Tagen führte das Tagesgeschäft jenen Kollegen ausgerechnet in Oliver Mayers neues Oldtimer-Hotel an der Manchinger Straße. Doch er war wirklich interessiert und fragte vor einem glänzend gelben Ferrari ganz unbefangen: „Was für ein Typ ist das“ „Mh“, entfuhr es Mayer erschrocken. „Das darf man eigentlich nicht fragen. Das ist doch ein Enzo Ferrari!“

Natürlich darf man das nicht fragen! Der Journalist hätte in diesem Moment am liebsten vor Gram in einen Reifen des Jaguars (Serie 1) daneben gebissen, wenn das nicht so teuer gekommen wäre. Vor einem Kfz-Enthusiasten wie Mayer Ferrari-Unkenntnis zu offenbaren, ist ungefähr so, als wolle man von einem Franz Beckenbauer wissen, was er eigentlich beruflich so gemacht hat. Aber Mayer, ein freundlicher Mensch, sah über den Fauxpas mit Güte hinweg.

Über die feierliche Eröffnung des Oldtimerhotels morgen Abend berichtet allerdings ein anderer Kollege. Ein Toyota-Fahrer. Sicher ist sicher.