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Stadtgeflüster vom 17. Mai 2012

16.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:29 Uhr

(rl) „Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“ Das Zitat stammt von Albert Einstein. Der 1879 in Ulm geborene und 1955 in Princeton (New Jersey) gestorbene Physiker und Nobelpreisträger erklärt so seine Relativitätstheorie.

Recht hat er: Zwei Stunden in einem Wellnesstempel sind Balsam für Haut und Seele. Zwei Stunden Wurzelbehandlung beim Zahnarzt dagegen . . .

Der Zeitraum von genau zwei Stunden hat dieser Tage auch den Ingolstädter Oberbürgermeister Alfred Lehmann in die Bredouille gebracht. Grund dafür war eine Mail der städtischen Pressestelle ans örtliche Lokalradio, die weit über den Äther hinaus Wellen geschlagen hat – bis nach Wettstetten. Sie beinhaltete die Stellungnahme des Rathauschefs zum Beschluss des Wirtschaftsausschusses des Landtags zur Petition der Wettstettener gegen die geplante Öffnung der Staatsstraße 2335. Jenes umstrittene elektronische Schriftstück, in der Lehmann die Wettstettener Petition für „gescheitert“ erklärt, zeigt nämlich einen Mailausgang um 12.13 Uhr an. Die Sitzung in München war aber erst um 13.45 Uhr zu Ende. Stellt sich die Frage: Woher hat der OB den Ausgang der Abstimmung gewusst, bevor der Ausschuss überhaupt abgestimmt hat?

Dass die Wettstettener, die auf verschlungenen Pfaden von der Sache Wind bekommen haben, hier einen Skandal wittern, postwendend die Eichstätter FW-Landtagsabgeordnete Eva Gottstein einschalten und den Bleistift für ein neues Flugblatt spitzen, lässt sich denken. Allerdings: Warum soll Radio IN die Mail zwei Stunden früher bekommen haben als die restlichen Medien? Beim DONAUKURIER ist besagte Stellungnahme um 14.13 Uhr eingegangen.

Ein Anruf des DK bei der Stadt sorgt für Aufregung im Pressestab. Man habe eine Rundmail an alle versendet, sagt ein angesichts derlei Unterstellungen etwas erzürnter Pressesprecher Gerd Treffer. Postausgang: 14.13 Uhr. Um 12.13 Uhr habe überhaupt keine Mail das Rathaus verlassen – und könne somit auch nicht ans Lokalradio gegangen sein.

Nach investigativer Recherche ist der vermeintliche Skandal schnell aufgeklärt. Er ist die direkte Folge einer falsch eingestellten Uhrzeit im Posteingangsserver des Ingolstädter Funkhauses, die das Fass beinahe zum Überlaufen gebracht hätte. Ein solcher Funke hätte angesichts des kriegsähnlichen Zustands zwischen Ingolstadt und Wettstetten in Sachen Nordumgehung Gaimersheim möglicherweise einen Flächenbrand entfacht. Die Wettstettener hätten umgehend ihre Truppen in Stellung gebracht. Albert Wittmann auch.