Stadtgeflüster vom 12. August 2011

11.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:31 Uhr

(reh) Endlich ist diese fade Zeit vorbei, denkt sich der Ingolstädter Eishockeyfan.

Am Samstag aber darf er bei der Saisoneröffnungsfeier des ERC im alten Stadion an der Jahnstraße wieder seinen muskelbepackten Vorbildern huldigen. Entbehrliche Monate ohne Eis liegen hinter dem Fan. Doch wenn er ganz ehrlich ist, muss er zugeben, dass dieser Sommer fast alles getan hat, um ihm die Pause zu verkürzen. Das ist nicht einfach so passiert. Dahinter steckt eine Marketingidee, die in der Geschichte des Ingolstädter Sports ihresgleichen sucht.

Beim Eishockeyklub waren Profis wie Amateure in seltener Eintracht an dem Masterplan beteiligt: Mit öffentlicher Präsenz boten sie dem Fan eine Art Ferienbetreuung. Zuerst lieferte sich der Vorstand des Stammvereins eine Schlammschlacht, auf die jeder Veranstalter eines großen Musikfestivals neidisch wäre. Dann sprang der ehemalige Kapitän Glen Goodall in die Bresche: Sein Streit mit seiner Vermieterin wegen Schäden im Wohnhaus konnte erst das Zivilgericht lösen. Hätte nur noch gefehlt, dass Ausnahmeschiedsrichter Roland Aumüller als Schlichter eingesetzt wird.

Im Juni trat ein anderer Spieler ins Rampenlicht des Amtsgerichts: Patrick Buzas hatte sich eines Nachts ein paar Baustellenschilder, nun ja, ausgeliehen. Und zum krönenden Abschluss sollte sich gestern noch ERC-Manager Jim Boni persönlich einschalten. Mit seiner rasanten Art im Auto hatte er sich mitten ins Herz der Justiz gesteuert. Sein Amtsgerichtsprozess fiel zwar kurzfristig aus, das „Finale furioso“ war aber auch nicht mehr nötig. Die Mission ist erfüllt: Der ERC hatte über den Sommer die Schlagzeilenhoheit.

Von diesem Marketingcoup angespornt, versucht sich nun auch der FC Ingolstadt wieder ins Gespräch zu bringen. Da die Gerichte ständig ausgebucht sind, kommt nur der ganz legale Weg infrage. Wie es sich für einen Führungsspieler gehört, geht besonders der große Rückhalt des Teams mit gutem Beispiel voran. Torhüter Sascha Kirchstein hat sich fotografieren lassen. Zuerst im Auftrag des Vereins für eine Spielankündigung auf dem Donausteg mit dem Neuen Schloss im Hintergrund. Damit kann er dem ERC im medialen Wettrüsten aber natürlich nicht das Wasser reichen. Schon eher mit dem zweiten Werk, einem Hochglanzposter, das gerade in der Schulstraße in einem Schaufenster zu bewundern ist. „Kirsche“, wie ihn sein Team nennt, präsentiert sich mit seiner Freundin Daniela, wie der liebe Fußballgott beide geschaffen hat. Zuzüglich geschätzt 37 Tätowierungen, die unter anderem die sieben Todsünden und bei beiden das Vaterunser in englischer Sprache umfassen. Das sitzt! So viel Kunst auf dem Körper kann der ERC nicht bieten. Wie will der Eishockeyverein das wieder übertrumpfen? Bis morgen zur Saisoneröffnungsfeier bleibt den Verantwortlichen aber noch Zeit, den nächsten Unsinn anzustellen. Die Fans warten gespannt.