Riedenburg
Spätaussiedler besuchen Riedenburg

Eine Gruppe ehemaliger Klosterschüler der Benediktinerabtei Plankstetten tauscht in der Altmühlstadt Erinnerungen aus

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Fröhliches Wiedersehen: Die ehemaligen Schüler der Benediktinerabtei Plankstetten sahen sich zuletzt vor fünf Jahren. Die Gruppe traf sich nun gestern in Riedenburg, wo sie auch die Ökobrauerei besuchte. - Foto: Kienle

Riedenburg (DK) Vor 55 Jahren nahm die Benediktinerabtei Plankstetten 24 Spätaussiedler aus Polen auf. Die jungen Leute absolvierten dort ihre Mittlere Reife. Obwohl sie nach ihrem Abschluss in verschiedene Bundesländer zogen, brach der Kontakt nicht ab. 16 der ehemaligen Klosterschüler haben sich gestern – teils mit Ehepartnern – in Riedenburg getroffen. Dort hatten die Spätaussiedler aus Schlesien und Pommern allerhand Gesprächsstoff. Sie plauderten und tauschten sich aus. Besuch erhielten sie dabei von Bürgermeister Wolfgang Langer. Er überraschte die Gruppe, als er erzählte, dass sein Vater ebenfalls von Oberschlesien nach Deutschland gekommen sei. Langer erzählte zudem, dass er einst selbst Schüler in der Klosterschule in Plankstetten gewesen sei und noch viele Erinnerungen daran habe.

Wolfgang Höfig kann sich ebenfalls noch gut an die Zeit erinnern, als er Ende der 1950-er Jahre von Schlesien nach Deutschland kam: „Mit meiner Mutter und meinen Geschwistern lebte ich die ersten Tage im Grenzdurchgangslager Friedberg bei Göttingen.“ Eigentlich seien sie neun Kinder gewesen, aber nicht alle durften damals nach Deutschland ausreisen. „Das war nur Unverheirateten mit Verwandten im Westen möglich“, erzählte Höfig.

Ebenso wie die Familie Höfig nutzten in den Jahren 1958 und 1959 etliche Menschen mit deutschen Wurzeln die Gelegenheit, um als sogenannte Spätaussiedler aus Polen auszureisen. Sie waren bis dahin in den ehemals ostdeutschen Gebieten wie Schlesien oder Pommern geblieben, die nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen abgetreten werden mussten. Direkt nach Kriegsende hatten bereits viele Menschen die ehemals deutschen Landstriche verlassen. Sie waren entweder vertrieben worden oder geflüchtet. Etliche der Deutschstämmigen, die weiter in Polen lebten, durften Ende der 1950-er Jahre im Rahmen der Familienzusammenführung zu ihren Verwandten nach Deutschland ausreisen.

Wolfgang Höfig kam im Alter von 15 Jahren nach Deutschland. „Zuerst war es schon ein beklemmendes Gefühl, weil alles fremd war“, erzählte er. Während seine Mutter in Waischenfeld im Naturpark Fränkische Schweiz wohnte, lebte Höfig mit 24 anderen jungen Spätaussiedlern in der Benediktinerabtei Plankstetten, um in 18 Monaten seinen Realschulabschluss zu machen. „Ich habe in der Klosterschule die deutsche Sprache von der Pike auf gelernt.“ Höfig arbeitete später als Volksschullehrer. Er lebt heute mit seiner Familie in Waischenfeld. Mit seinen ehemaligen Kameraden von der Klosterschule hat er bis heute Kontakt.

Neben dem gemütlichen Beisammensein besichtigte die Gruppe gestern zudem das Riedenburger Brauhaus, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: „In der Ökobrauerei wird das Plankstettener Klosterbier gebraut“, erklärte Rudolf Glowka. Er gehört auch zu der Gruppe der ehemaligen Klosterschüler und hat das Programm des aktuellen Treffens mitorganisiert. Mit dazu gehörte gestern auch ein Besuch der Abtei in Plankstetten. „Wir gehen dort in die Gruft, um für Abt Paulus zu beten“, erklärte Glowka gestern vor der Fahrt nach Plankstetten. Paulus sei in der Zeit Abt in der Benediktinerabtei gewesen, als sie vor 55 Jahren in der Klosterschule Unterricht gehabt hätten. „Er war streng, hatte sein Herz aber am rechten Fleck“, sagte Glowka. Die einstigen Plankstettener Schüler haben daher gute Erinnerungen an die Zeit – und nicht nur wegen des Klosters: „Die Leute in Plankstetten und der Umgebung waren uns gegenüber sehr offen“, erzählte Heinrich Fidyka aus Nürnberg. Für den 72-Jährigen ist Plankstetten deshalb „ein neuer Heimatort“ geworden. Schlesien habe er deshalb aber nicht vergessen. „Das bleibt ebenfalls eine Heimat für mich.“

Die ehemaligen Klosterschüler treten heute nach ihrer Zusammenkunft wieder die Heimreise an. Glowka versicherte: „Wir sind schon dabei, Planungen für unser nächstes Treffen zu schmieden.“