Neuburg (DK) Madrigalchor und Windrose sangen bei ihrem gemeinsamen Konzert am Samstag fast schon einen Nachklang auf die große Reformations-Ausstellung in der Hofkirche, eindrucksvolles Zeugnis dann schon der Gegenreformation.
Und vielleicht auch ein letzter Appell an die Hunderte von Besuchern in der bis auf die Zusatzreihen gefüllten Kirche. Die Musik verspricht jedenfalls eine höchst spannende Zeit und gleichviel ein Thema, das spannungsgeladen geblieben ist - bis in die Gegenwart.
Genau diese Gegenpole auch verfolgt das samstägliche Konzert in Programm wie Ausführung gleichermaßen. Zusätzliches Spannungspotenzial bietet das Zusammenwirken gleich zweier Chöre, von denen jeder in der Vergangenheit schon für manche schöne Überraschung gut war. Dem Madrigalchor, der unter Gabriella Lay mächtig an Kontur gewonnen hat, fällt der zeitlich ältere Part zu, der Chor Windrose unter seinem (Gründungs-)Leiter Werner Lecheler hat sich diesmal ganz der Sakralmusik nach 1945 bis hinauf in die jüngste Gegenwart verschrieben.
Schwer zu entscheiden, was nun das Reizvollere war, der naturgemäß nicht geringe Kontrast oder doch das hohe Maß an Kontinuum, das sich letztlich auch durch die eine oder andere und mehrheitlich höchst reizvolle Dissonanz der Moderne hindurch behauptet? Zumal beide Chöre, jeder mit durchaus eigenem Idiom, so unverwandt nicht sind. Die jeweils kammerchorische Ausrichtung erlaubt einen schlanken Ton, ohne die einzelnen Stimmen zu überfordern. Beide Chorleiter setzen auf saubere Diktion - und wenn man selbst bei einem achtstimmigen Satz fast jedes Wort noch versteht, spricht das für gehörige Qualitäten der beiden Laien-Formationen. Gabriella Lay pflegt dabei einen leicht breiteren Ton, geht damit auch mal auf Sicherheit, wogegen der Chor Windrose, der ja auch schon ein paar Jährchen jetzt auf dem Buckel hat, sich seinen ausgesprochen jungen Ton weitestgehend bewahrt hat, dabei mit der Zeit an Sicherheit noch gewonnen hat.
Es war in Noten ein Stück weit die Geschichte der Hofkirche, die als protestantischer Gegenpol zur katholischen Michaelskirche in München begonnen, alsbald in ihrer Baugeschichte selbst zur jesuitisch geprägten Marienkirche mutierte, die der Madrigalchor da zu Gehör brachte: Musik genau jener Zeit, geprägt vom Spannungsfeld der Konfessionen, wie dies etwa bei dem Neuburger Jakob Paix bis in Biografie und künstlerisches Schaffen eingriff.
Die beiden Höhepunkte, weil es eben auch die zentralen Werke waren, die beide Chöre denn auch zu zudem achtstimmigem Singen zusammenführten: Heinrich Schütz' "Singet dem Herrn ein neues Lied" und die einer anderen Zeit und doch verwandtem Geist entsprungene Psalm-Vertonung von Felix Mendelssohn-Bartholdy "Warum toben die Heiden", beides male getragen von einem entschieden herausgearbeiteten melodischen Duktus. Dazwischen die Windrose mit exemplarischen Klangbeispielen gegenwärtiger Sakralmusik, die gegensätzlicher kaum sein konnten: mehr folkloristisch gefärbt bei Halmos Laszlo, mit ausgereizter Tonalität Alwin Michael Schronen, expressiv gesteigert zu Klangclustern bei Knut Nystedt, das angerichtete Sprachgewinn schließlich wieder einend Wolfgang Stockmeier in seinem expressiven "Vater unser", moderne Gregorianik filmisch verarbeitet von Josep Vila i Casinos, Franz Biebls "Ave Maria" schon ein moderner Klassiker.
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