"Sie feiern Ihre Leistung völlig zu Recht"

28.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:46 Uhr

Die 24 erfolgreichsten Hauptschulabsolventen des Jahres bekamen gestern im Audi-Bildungszentrum Auszeichnungen überreicht. Die Redner sparten nicht mit Anerkennung für diesen Schultyp. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Lob und Anerkennung gab es reichlich: Die 24 besten Absolventen der Hauptschulen bekamen gestern im Audi-Bildungszentrum von Oberbürgermeister Alfred Lehmann eine Auszeichnung. Alle Redner würdigten den "nach wie vor hohen Stellenwert des Hauptschule" – allen Vorurteilen zum Trotz.

Der Mann ist ferienreif, richtig ferienreif. "Die letzten Tage und Wochen vor der Sommerpause sind für alle, die Verantwortung tragen, kaum zum Aushalten", klagte Alfred Lehmann am Beginn seiner Rede und fügte mit überzeugendem Timbre im Ton an: "Ich habe schon gar keine Stimme mehr." Er zähle die Tage bis nächsten Donnerstag, wenn er an die Ostsee fahre. "Es muss Ende werden", bekannte der Oberbürgermeister mit direktem Bezug auf die von Ferienstimmung beseelten jungen Hauptschulabsolventen im Saal. Und doch: Er wollte diese Feierstunde auf jeden Fall besuchen, so wie jedes Jahr, "um persönlich meine Anerkennung auszudrücken".

Er habe eine starke Affinität zu Auszubildenden, sagte Lehmann, da er 13 Jahre lang in einem Berufsbildungszentrum unterrichtet habe. "Wir wissen, was wir an unseren Hauptschulen haben!" Es sei unfair, "die Schularten gegeneinander auszuspielen". Diesem Bezug auf die Bildungsdiskussion in Bayern ließ er ein Bekenntnis zum dreigliedrigen Schulsystem folgen: "Es gibt viele Schüler, die lieber werken als philosophieren. Wir brauchen Menschen, die praktisch veranlagt sind" – Hauptschüler eben. "Sie feiern ihre guten Leistungen völlig zu recht, weil die viel über Sie aussagen." Und mit dem pädagogischen Nachdruck eines ehemaligen Lehrers fügte der OB an: "Ihr Schulabschluss ist eine Verpflichtung, weiterzumachen."

Diesen Gedanken führte Josef Schelchshorn fort. Der Leiter des Personalwesens bei Audi betonte: "Der Quali oder die Mittlere Reife sind nur der erste Schritt in Ihrer beruflichen Laufbahn." Im Bestreben, "die besten Lehrlinge zu gewinnen", setze Audi auch auf eine angewandte Technikorientierung in der Ausbildung. "Einen Praxisschock gibt es bei uns nicht."

Schelchshorn gab den Schulabgängern noch eine Lehre mit auf den Weg: Der Begriff "auslernen" treffe längst nicht mehr zu, dafür sei die Innovationsgeschwindigkeit viel zu hoch. Man müsse ja nur mal in ein modernes Auto hineinschauen.

Johann Wild, Leiter der Kaufmännischen Berufsausbildung bei Audi, erklärte, weshalb die Bestenehrung jedes Jahr in seinem Hause stattfinde: "Damit will Audi den Stellenwert der Hauptschulen hervorheben."

Für dieses Bekenntnis dankte Anton Mang, der fachliche Leiter des Staatlichen Schulamts, mehr als ein Mal. "Es ist für uns ein wichtiges Zeichen, das Sie damit setzen." Er würdigte auch das Engagement der Stadt bei der Ausstattung der Schulen und der Gebäudesanierung. In Anspielung auf die turbulenten Ereignisse in der Ingolstädter Schulpolitik – die angekündigte Schließung von vier Schulen – erklärte der Schulamtsdirektor: "Wir brauchen im Prozess der Neuausrichtung unbedingt Unterstützung und Partnerschaft." Gut möglich, dass auch Mang drei Kreuze schlägt, wenn endlich Ferien sind.