Provokante Aktionen für bessere Perspektiven

28.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:46 Uhr

Start auf der Adenauerbrücke: Das Transparent über der Donau war in der Nacht zum Dienstag der Auftakt. Bis zur Großdemo am 5. September in Frankfurt ist eine Reihe von noch geheimen Aktionen geplant. - Foto: oh

Ingolstadt (reh) Am Montag um kurz nach 23 Uhr tat sich Verschwörerisches auf der Konrad-Adenauer-Brücke: Eine Gruppe junger Leute, alle mit schwarzen T-Shirts bekleidet, machten sich am Geländer zu schaffen. Kurz darauf war der erste Teil der "Operation Übernahme" erledigt.

Mit Kabelbinder hatten die Aktivisten ein vier Meter breites Banner über der Schlosslände angebracht. Darauf stand zu lesen, wer für die Aktion verantwortlich ist: die IG-Metall-Jugend.

Das Transparent ist der Auftakt zu einer ganzen Aktionsreihe, erklärten tags darauf der Jugendsekretär Adrian Dubno und Mehmet Tasci, Jugend- und Auszubildendenvertreter bei Audi und im Ortsjugendausschuss aktiv. Was genau noch geplant ist, wollten sie nicht verraten. Dafür sprachen die örtlichen Gewerkschaftsvertreter viel mehr darüber, worauf die ganze Kampagne abzielt: Für den 5. September hat die IG Metall in Frankfurt im Fußballstadion zu einer Kundgebung mit 50 000 bis 60 000 Teilnehmern aufgerufen. Davor versammelt sich die Gewerkschaftsjugend in Frankfurt vor der Alten Oper, um sich Gehör für ihre "Operation Übernahme" zu verschaffen.

"Wir haben hier eine ganze Generation, die am Absaufen ist", erklärt Dubno, warum die Gewerkschaft für bessere Perspektiven für junge Leute streitet. Für drei Gruppen besonders: Viele Hochschulabsolventen würden sich von Praktikum zu Praktikum hangeln, oft ohne Bezahlung und ohne jegliche Aussicht auf eine Festanstellung. Sorgenkind Nummer zwei sind die Auszubildenden. Zwei Dritteln aller Lehrlinge bundesweit würden unbefristete Verträge verweigert, sobald sie ausgelernt haben, berichtet Dubno. "Da geht die Entwicklung klar in prekäre Arbeitsverhältnisse. Das hat die Krise noch verschäft", ergänzt Tasci.

Da ist sein Arbeitgeber Audi keine Ausnahme. 85 Prozent erhalten hier zwar einen unbefristeten Vertrag, sagt Dubno. "Aber das sind eben nicht alle." Dafür werden aber alle übernommen. "Das hängt aber auch damit zusammen, dass wir eine gute Jugendvertretung haben", lobt Tasci, "wir kämpfen wirklich um jeden Platz." Als Negativbeispiel nennen die Gewerkschaftler etwa Rieter. "Da gibt es die Frage derzeit gar nicht, ob Auszubildende fest übernommen werden", sagt Dubno. Mit Sorge betrachte die IG-Metall-Jugend auch die Zahl der Lehrstellen in der Metall- und Elektroindustrie in der Region. Die stiegen zwar von 573 neuen Azubis (2008) auf 620 dieses Jahr, sagt Dubno. "Das aber nur, weil Audi im Jubiläumsjahr 100 zusätzlich einstellt."

Für den Jugendsekretär ist das ganz klar eine Bestätigung, dass das Engagement in der "Operation Übernahme" dringend notwendig ist, zumal es ja noch die dritte Gruppe gibt: unter den Leiharbeitern, die in der Krisenzeit zuerst ihren Job verlieren, seien auffällig viele junge Leute. "Das ist keine gerechte Perspektive", sagt Tasci. "Das Thema muss provokant aufgegriffen werden." Das Transparent an der Brücke war der Auftakt.