Sich beschnuppern und besser kennenlernen

24.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:11 Uhr

Jung und Alt ließen sich im "Baya-Nanda" die Schmankerl (oder "Zakuski)" der bayerisch-russischen Tafel schmecken. - Foto: Zurek

Geisenfeld (zur) Es soll eine Begegnungsstätte für Jung und Alt, für Vereine und Gruppen werden, das "Baya–Nanda", und so trafen sich unter dem Motto "Einwanderer meets Bayern" hier jetzt auf Einladung des SPD–Ortsvereines russlanddeutsche Familien und waschechte Holledauer zu einem gemeinsamen Abend bei einem gemischt bayrisch-russischen Büffet.

Im gemeinsamen Gespräch erfuhren die Alteingesessenen dabei einiges Wissenswerte: Die meisten der schätzungsweise 80 heute in Geisenfeld lebenden Aussiedler wurden in Kasachstan geboren (die genaue Zahl lässt sich nicht ermitteln, da es sich ja nicht um ausländische Staatsbürger handelt). Sie sind größtenteils sogar miteinander verwandt. Ihre Vorfahren waren im 18. Jahrhundert unter der aus Preußen stammenden Zarin Katharina II. nach Russland geholt worden.

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten 2,4 Millionen dieser "Russlanddeutschen" im Zarenreich, allerdings waren sie zunehmend Repressalien ausgesetzt. Man verbot ihnen das Sprechen der deutschen Sprache, ganze Familien wurden in Massakern ausgerottet und viele starben auf der Flucht. Wer es sich leisten konnte, versuchte nach Deutschland oder Amerika auszuwandern.

Für jene, denen das nicht gelang, kam es unter Stalin noch schlimmer – sie wurden vielfach nach Sibirien, Kazachstan oder in den Ural deportiert, wo sie völlig entwurzelt und verarmt ihr Dasein fristeten. Nach Hitlers Übergriffen auf Sowjetrussland wurden sie mit den Nazis gleichgesetzt und gemieden. Ihre Kinder durften häufig keine weiterführenden Schulen besuchen, als evangelisch-lutherische Christen hatten sie zudem keine Heimat in der russisch-orthodoxen Kirche.

Unterstützung für ihre Auswanderungsbestrebungen erhielten diese deutschstämmigen Gruppen mit Willi Brandt. Ab 1960 konnten sie in ihre ursprüngliche Heimat zurück kehren. Im Zuge der Familienzusammenführung durften auch ihre russischen Ehepartner nachkommen.

Viele von den Besuchern im BayaNanda leben seit über 15 Jahren in Geisenfeld, ihre Kinder sind bereits hier geboren und sprechen akzentfrei Bayrisch. Die Möglichkeiten der Begegnungsstätte wollen sie weiter nutzen. Ideen gab es an dem Abend genug – etwa ein russisch-deutscher Volksliederabend oder ein Sommerfest mit kulinarischen Spezialitäten aus Sibirien und Kazachstan.