Ingolstadt
Showdown an der Schlosslände

Mitglieder des Fahrradbeirats üben deutliche Kritik an der Straßenplanung, die dem Auto viel Platz gibt

24.02.2022 | Stand 22.09.2023, 23:55 Uhr
Die Schlosslände: Die Straße ist wegen der Baustelle schmaler als üblich, aber es funktioniert, hieß es im Fahrradbeirat. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Im Fahrradbeirat prallten am Mittwoch zwei Welten aufeinander: Es ging um den Ausbau der Schlosslände am Gießereigelände.

Die Verwaltung legte eine Planung vor, die nach Ansicht vieler Beiratsmitglieder nicht mehr in diese Zeit passt: eine überbreite Straße und im Gegensatz dazu Wege, die sich Fußgänger und Radfahrer teilen müssen. Stimmt so eine Aufteilung noch? Viel interessanter noch die Frage: Welchen Einfluss hat ein ablehnendes Votum des Fahrradbeirates auf den Prozess? Der Stadtrat soll die Pläne schon im März absegnen.

Viele Radfahrer hegten zuletzt die Hoffnung, dass sich die unzureichende Situation an der Schlosslände nach Ende der Bauarbeiten bessern würde. Immerhin wurden schon ein paar Bäume gefällt, die Radlern im Wege standen. Doch bei der Verteilung der Flächen verfolgen die städtischen Planer das alte Schema: Autos bekommen am meisten Platz.

"Der Fahrradweg endet wieder im Nirwana"

Genauer gesagt: zwölf Meter Straßenbreite. Auf der südlichen Seite wird ein vier Meter breiter, kombinierter Geh- und Radweg geplant, jedoch für beide Richtungen. Denn auf der nördlichen Seite, stadteinwärts, wird es eng: Dort, ungefähr auf Höhe des Gründerzentrums, endet der Radweg einfach und es steht nur noch ein schmaler Gehweg zu Verfügung. Nach Ansicht von Tiefbauamtsleiter Walter Hoferer könnten "schnelle" Radler ja auf die Straße wechseln. Das sei eine "sinnvolle Lösung".

Diese Einschätzung rief heftigen Protest hervor. "Dort ist doch Platz genug - nur nicht für Radfahrer", schimpfte Martin Köster, der im Fahrradbeirat das Aktionsbündnis "Besser radeln in Ingolstadt" (Brain) vertritt. "Hier endet wieder mal ein Radweg im Nirwana - das sollte man mal mit Autofahrern machen, dann wäre das Geschrei groß. " Köster forderte eine gleichberechtigte Nutzung der Flächen. "Dass es mit einer schmaleren Straße funktioniert, zeigt sich doch jetzt an der Baustelle. Dort gibt es auch keine größeren Staus. "

Die Vertreterin des ADFC war ebenso empört. "Es wird wieder überhaupt nicht an die Radfahrer gedacht", sagte Ursula Feyrer-Ziob. "Diese Planung ist absolut sinnlos, zumal es sich um eine Fahrradvorrangroute handelt. " Auch die Situation an der Einmündung Frühlingstraße und an der Schillerbrücke funktioniere nicht. "Wir wollen doch den Radverkehr verbessern. So erreichen wir dieses Ziel nicht. "

Als "sehr ungenügend" bezeichnete auch Grünen-Stadtrat Christoph Spaeth die Planung. "Für Autos benötigen wir eine Breite von zwölf Metern nicht mehr. Wenn man die Straße schmaler macht, dann fahren die Autos auch langsamer. " SPD-Stadtrat Quirin Witty fragte, welche Mindestbreite für eine Straße mit ÖPNV überhaupt erforderlich sei: 3,50 Meter pro Spur bei Tempo 30 km/h, hieß es. Das sind insgesamt 7 statt 12 Meter. "Darauf kann man doch aufbauen", schlug Witty vor.

Die Verwaltung zeigte sich wenig begeistert von der Debatte im Fahrradbeirat: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Stadtrat nochmal alles umschmeißt, denn sonst haben wir zig Millionen in den Sand gesetzt", erklärte Hoferer. An den Tiefgaragenzufahrten und vor der Kreuzung zur Roßmühlstraße bräuchte man Straßenraum, um Staus zu vermeiden. Ulrich Schäpe, Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement, argumentierte, es sei auch wegen der Leitungen und Sparten im Boden nicht einfach, eine Straße schmaler zu machen. Außerdem: "In München gibt es Radwege, die sind nur 1,80 Meter breit und werden auch gut genutzt. "

Die Diskussion streifte auch kurz die geplanten Rückbau der Schlosslände zwischen Rossmühlstraße und Theater sowie die Kammerspiele. Wie verträgt sich das mit der aktuellen Planung? "Es gibt schon den Wunsch, dass alles in einem größeren Zusammenhang zu betrachten", sagte Ulrike Wittmann-Brand, Leiterin des Stadtplanungsamts. CSU-Stadtrat Robert Schidlmeier plädierte am Ende dafür, sich angesichts dieser Entwicklungen keinem Zeitdiktat zu unterwerfen. "Schließlich ist das die Sonnenseite der Donau. "

"Wir müssen diesen Kreis sehr ernst nehmen"

Wie also die Einwände des Fahrradbeirats gewichten? Bürgermeisterin Petra Kleine, Vorsitzende des Gremiums, meinte am Ende der Debatte: "Das ist genau die Situation, in der ein mögliches Vetorecht des Fahrradbeirats aufgrund seiner kritischen Stellungnahme zum Aufschub oder zur Nichtumsetzung der Planung führen würde", gab sie zu bedenken, meinte aber auch: "Es ist doch nicht absurd, was der Fahrradbeirat fordert. " Baureferent Gero Hoffmann warnte vor Verzögerungen, fasste jedoch zusammen: "Wir müssen diesen Kreis ernst nehmen - und leider ist die Mehrheit hier der Meinung, dass diese Planung nicht gut genug ist. Da kann man noch etwas tun. "

DK

Suzanne Schattenhofer