Ingolstadt
Selbstanzeige als goldene Brücke

04.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:17 Uhr

Reuige Sünder: Eine Selbstanzeige beim Finanzamt – wie in dieser gestellten Szene – kann bei Steuerhinterziehung vor Strafverfolgung schützen. Dieser Schritt wird hin und wieder vor Betriebsprüfungen gewählt, wenn das schlechte Gewissen plagt. - Foto: Stadik

Ingolstadt (ms) Die Affäre um die Schweizer Konten deutscher Steuerbetrüger wird wohl eine Welle von Selbstanzeigen auslösen. Ingolstadts Finanzamtschef Richard Böld empfiehlt, vor dem Betreten dieser "goldenen Brücke" den Steuerberater oder Rechtsanwalt einzuschalten.

Angeblich ist es einer der größten Komplexe von Steuerhinterziehung durch Deutsche: Mehr als 200 Millionen Euro sollen Kunden der Schweizer Bank Credit Suisse vor dem deutschen Fiskus illegal in Sicherheit gebracht haben. Die Bundesregierung wird wohl eine Daten-CD mit entsprechenden Informationen kaufen und den Wuppertaler Steuerfahndern zur Verfügung stellen. Zu dem konkreten Fall darf Richard Böld, Leiter des Finanzamtes Ingolstadt, zwar keine Details nennen. Aber der Chef des Schanzer Fiskus warnt: "Ich rate zu einer Selbstanzeige, wenn jemand betroffen zu sein glaubt."

Dieser dramatische Schritt kann laut Böld durchaus vor strafrechtlicher Verfolgung schützen. Allerdings muss die hinterzogene Steuer innerhalb einer festen Frist nachgezahlt werden. Um die Formalien für die Selbstanzeige genau einzuhalten, sollte immer ein Anwalt oder Steuerberater eingeschaltet werden, empfiehlt der Experte. "Sonst hat man mehr Schaden als Nutzen", warnt Richard Böld. Die Nachforschungen übernimmt dabei nicht die Behörde in Ingolstadt, sondern die Steuerfahndung in Augsburg. Selbstanzeigen kommen übrigens immer wieder vor. "Das ist keine große Zahl. Aber hin und wieder plagt jemanden vor einer Betriebsprüfung das schlechte Gewissen", weiß Behördenchef Böld.

Einen renommierten Ingolstädter Steuerberater, der anonym bleiben möchte, erinnert der aktuelle Fall an eine bundesweite Fahndung vor einigen Jahren, bei der auch Geldinstitute und Kunden aus der Region betroffen waren. Damals ging es um vermeintlich steuersparende Anlagemöglichkeiten in Luxemburg, die so mancher bereuen musste. "Die oberste Priorität in meiner Praxis ist es, meine Mandanten vom Gefängnis fern zu halten", erläutert der Steuerberater. Wenn er auf vermeintliche Steuerparadiese angesprochen werde, gibt er daher immer zu bedenken: "Lohnt sich das wirklich" Im Zweifelsfall, das ist klar, arbeitet der Berater dann nicht mehr für den Kunden. "Sonst mache ich mich der Mittäterschaft schuldig und verliere außerdem meine Berufszulassung."

Einen seiner Mandanten, der in Liechtenstein Geld vor dem Fiskus versteckt hatte, konnte der Ingolstädter Steuerberater vor dem Gefängnis bewahren. "Der schläft jetzt mit viel ruhigerem Gewissen." Im aktuellen Fall kritisiert der Steuerexperte, dass sich der deutsche Staat zum Hehler mache. Zudem ist sich der Berater sicher, dass auf der besagten CD auch Daten von gesetzestreuen Anlegern vorhanden seien. "Das sind ganz normale Menschen, die legal in der Schweiz Geld haben", meint der Steuerberater.