Selbst einmal Minister sein

10.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:50 Uhr

In den UN-Vollversammlungen übten sich die Schüler auch darin, vor einer großen Menschenmenge zu sprechen. - Foto: Gymnasium

Schrobenhausen (dk) 20 Schüler des Arbeitskreises "Politik und Zeitgeschichte" des Gymnasiums Schrobenhausen unter der Leitung ihres Lehrers Christian Huber fuhren zusammen mit 23 Schülern des Holbein-Gymnasiums in Augsburg zur Landvolkshochschule Wies, um drei Tage lang an einer Politiksimulation teilzunehmen.

Die Vereinten Nationen kennt jeder. Wie die aber aufgebaut sind und wie eine Generalversammlung bei der UNO abläuft, das wissen die wenigsten. Die Schüler des Schrobenhausener und des Holbein-Gymnasiums durften das jetzt einmal über drei Tage lang nachspielen und in die Rollen der Versammlungsteilnehmer schlüpfen.

Geleitet wurde die Konferenz von den beiden gewählten UN-Generalsekretären. Die zehn Regionen wie Europa, Südamerika, Arabien oder Indien werden von jeweils drei Schülern als Ministern vertreten. Außerdem durften einige Schüler ihr mathematisches Geschick als Vorsitzende der Weltbank oder ihre Kreativität als Mitglied der NGOs - das ist kurz für Non governmental organisations, also Nichtregierungsorganisationen, wie greenpeace oder amnesty international - oder der Weltpresse unter Beweis stellen. Das ist die Grundstruktur der Simulation von Pol&Is(Politik und Internationale Sicherheit). Extra für junge Menschen konzipiert und von zwei Jugendoffizieren koordiniert bieten die Simulationen den Jugendlichen eine Plattform, ihr politisches Wissen zu vergrößern, vor einem großen Publikum die Redefertigkeiten zu verbessern und verantwortungsvoll seine Region zu vertreten, schließlich wird versucht, das politische Umfeld so real wie nur möglich darzustellen.

So mussten sich die Regierungen der Erdteile, gebildet von Schülern der verschiedenen Kurse, sowohl mit internationalen Problemen, wie der Bekämpfung des IS, als auch nationalen, etwa der Problematik um den Walfang in Japan, auseinandersetzen. In jedem Pol&Is-Jahr, einem Zeitabschnitt mit mehreren Arbeitsphasen, der ein Jahr in der Welt simulieren soll, warten weitere Schwierigkeiten auf die Minister.

Gerade, wenn ein Problem gelöst wurde, war es Zeit für die Pol&Is-Tagesschau, eine von den Jugendoffizieren als Spielleiter eingeblendete Nachrichtensendung, die es versteht, den Regierungen Hindernisse in den Weg zu stellen. So stürzte Europa im zweiten Pol&Is-Jahr in eine Schuldenkrise und die Politiker von Südostasien mussten sich dem boomenden Sextourismus entgegenstellen, während Japan sich nach Fukushima auf den steinigen Weg des Atomausstiegs vorbereiten musste.

Am Ende jedes Pol&Is-Jahres folgte dann die sogenannte Internationale, das heißt die UN-Vollversammlung, eine Plattform für die Reden der Minister und den jährlichen Bericht der internationalen Organisationen, wie zum Beispiel der Weltbank. Diese klärte über die finanziellen Verhältnisse in der Welt auf, wobei die Vertreter der Bank souverän mit passenden Programmen Diagramme anfertigten, Kredite vergaben und die Regionen darauf hinwiesen, sollte es für einen Erdteil einmal eng werden.

Aber nicht nur die Bank, sondern auch die Weltpresse, aufgeteilt in Boulevard- und Fachpresse, lieferte jährlich in der Vollversammlung ihr Programm. Während die Boulevardpresse mit Humor und stichelnder Kritik versehene Präsentationen zeigte, wo es hin und wieder schon vorkam, dass ein bestimmter Politiker besonders auf den Arm genommen wurde oder eine Region gnadenlos den Spiegel vorgehalten bekam, folgte von der Fachpresse die Berichterstattung über die laufenden Verhandlungen, Verhältnisse zwischen den Staaten und aktuellen Vorkommnissen in der Welt.

Einen weiteren Teil der UN-Vollversammlung stellte die Berichterstattung der NGOs, bestehend aus Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, dar. Diese kontrollierten zum Beispiel die Umweltberichte der Regionen und zeigten ihnen gerne mal die Gelbe Karte, wenn in einem der Protokolle die Werte nicht mit den tatsächlichen übereinstimmten.

Und wie Christian Huber, Leiter des Arbeitskreises Politik und Zeitgeschichte, vorhergesehen hatte, waren die spannendsten Verträge der Regionen die, die beim gemeinsamen Essen oder abends beim gemütlichen Beisammensitzen geschlossen wurden, wobei auch die schönsten Schlagzeilen für die Presse entstanden.

Das Eröffnungs- und das Schlusswort einer jeden UN-Vollversammlung hatten die Generalsekretäre, die genau wie die Weltbank die Regionen um Zusammenarbeit, Kommunikation und Verständnis füreinander baten. Wie sich nach den ersten Pol&Is-Jahren herausstellte, war vor allem das Reden miteinander eines der großen Probleme. Güter waren in einer Region im Überfluss da, fehlten der anderen aber. Die Weltbank wies deutlich darauf hin, dass dies mit ein wenig Kommunikation besser laufen könnte.

Die ganze Zeit über standen die Jugendoffiziere Julian Marberger und Hans-Christian Landrock den Schülern mit Rat und Tat zur Seite und führten sie mit viel Verständnis und Humor durch das Planspiel. Vor allem durch ihren Einsatz, aber auch den der Jugendlichen, konnten die Simulationen reibungslos und für beide Parteien sehr unterhaltsam und bereichernd vonstattengehen. Großes Lob ging daher bei der abschließenden Evaluation nicht nur an die Jugendoffiziere, sondern auch an die Schüler und von deren Seite wurde mehrfach der Wunsch geäußert, den Aufenthalt doch noch ein wenig zu verlängern.

Abschließend waren sich die Teilnehmer einig, dass ihnen die Tage beim Planspiel Pol&Is als spannende, lehrreiche und lustige Zeit in Erinnerung bleiben werden, obwohl viele zu Beginn noch sehr großen Respekt vor den zu haltenden Reden hatten. Doch wie Huber passend auf den Punkt brachte, galt bei Pol&Is "Learning by Doing - ihr wachst mit euren Aufgaben" und so war es auch.

Eine Schülerin, die bei den Simulationen die NGOs vertrat, betonte, man hätte bei allen Teilnehmern eine deutliche Verbesserung der Redefertigkeiten beobachten können, wobei jeder nach und nach seine Unsicherheit hätte abschütteln können. Auch in den zwischen den Schulen gemischten Gruppen herrschte eine konstruktive, mit sehr viel Spaß verbundene Zusammenarbeit, da sich die Schüler sehr gut miteinander verstanden - so gut, dass der Kontakt einiger auch nach Pol&Is bestehen blieb.

Besonders beeindruckend fanden einige Teilnehmer zudem, wie schnell man sich in die Rolle einfinden konnte, auch wenn die Tätigkeit selbst nicht ganz einfach war. Eine Schülerin meinte dazu, man könne erst so wirklich nachempfinden, wie kompliziert und anspruchsvoll es sei, Politik zu machen, wenn man plötzlich selbst vor den großen Entscheidungen stehe. Doch gerade das fanden die meisten sehr interessant und lehrreich - nicht nur für den Moment, sondern fürs Leben.