Oberstimm
Schwarzpappel wird klammheimlich gefällt

Baumfreunde kritisieren, es hätte eine Kappung gereicht - Landratsamt sah keine Verkehrssicherheit mehr

08.12.2020 | Stand 11.12.2020, 3:33 Uhr

Oberstimm - Geglättet hatten sich die Wogen in den vergangenen Wochen ein wenig, es war - auch nach einer Dialogveranstaltung und zwei Ortsbegehungen - etwas ruhiger geworden in Bezug auf die Oberstimmer Schacht.

Nun, da in der vergangenen Woche eine Schwarzpappel gefällt wurde, regt sich erneut Widerstand. Der Baumschützer-Vorwurf sinnloser und heimlicher Rodungen an der Bahnlinie bei Oberstimm kocht wieder hoch.

Zumindest bei Annette Hartmann, Baumkontrolleurin und Sprecherin der Interessenliste, schrillten Alarmglocken: "Am 1. Dezember wurde - ohne jeden professionellen Schadens- oder Krankheitsnachweis - die Schwarzpappel gefällt, es wurden dadurch in Windeseile Tatsachen geschaffen. " Hartmann kritisiert weiter: "Die pauschale Begründung war, der Baum sei krank und zu gefährlich nah am Gleis. Das hat die Untere Naturschutzbehörde geglaubt und der Maschinenring Pfaffenhofen als ausführendes Unternehmen ebenfalls. "

Bei einem kurzfristig anberaumten Ortstermin am Freitag erzählte Hartmann, die seltene Schwarzpappel war 90 Jahre alt. Man habe vorher appelliert, den Baum untersuchen zu lassen. "Es hätte wohl auch genügt, die Krone zurückzuschneiden, notfalls hätte eine Kappung auf etwa die halbe Höhe genügt. " Der ganze Baum hätte nicht umgesägt werden müssen. Laut Hartmann sieht man an den derzeit noch neben dem Wurzelstock liegenden Baumscheiben, dass der Baum nicht krank war.

Das Landratsamt, das nicht zur Ortsbegehung gekommen war, reagierte mit einer Pressemitteilung: "Wie in der Dialogveranstaltung am 30. September bereits angekündigt, wurden folgende Maßnahmen durchgeführt oder werden in naher Zukunft noch durchgeführt: Entfernung von maximal 15 weiteren Bäumen, Freilegung von Bombentrichtern, Rodung der Wurzelstöcke, Strauchentfernung, Verkehrssicherung entlang der Bahnlinie. " Zudem wird mitgeteilt, dass mit Fertigstellung der Maßnahmen der im Rahmen der Dialogveranstaltung getroffene Kompromiss umgesetzt ist. Weitere Eingriffe seien nicht geplant - abgesehen von der Mahd zweimal im Jahr.

Federführend und auch anwesend bei der Fällung der Pappel war der frühere Landrat Rudi Engelhard. Laut diesem sei die Krone des Baumes beim Fällen auseinandergefallen. Landrat Albert Gürtner hatte, so erklärte er am Montagabend per Mail, nach mehreren Anfragen und Vorschlägen von Hartmann bei einem Vor-Ort-Termin mitgeteilt, "dass es keine weiteren Untersuchungen geben wird, und die Pappel aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt wird". Das Verhalten von Engelhard bezeichnete Hartmann als "fragwürdig". Die Untere Naturschutzbehörde bekam auch einen Seitenhieb: "Sie schiebt die Verantwortung immer weiter. Das ist ein Armutszeugnis. "

Am Ende heftete Hartmann einen Zettel an die größte Baumscheibe. "Die Arbeiter haben sicher nicht gewusst, was sie fällen. " Zudem soll der Zettel als Vor-Ort-Info für die Bevölkerung dienen, die sich die Szene anschaut.

In der Schacht, neben den mächtigen Baumscheiben, sinnierte am Freitagnachmittag dann der ein oder andere: "Wenn man bei sich im Garten so einen Baum fällt, gibt es eine behördliche Untersuchung. Hier hauen sie eine Schwarzpappel ohne Untersuchung um. " "Warum gibt es hier einen 30-Meter-Abstand zur Bahn, während einen Kilometer weiter auf Manchinger Flur riesige Bäume viel näher an den Gleisen stehen? " "Für uns Oberstimmer ist ein beträchtlicher Schaden entstanden. " Gut, dass einer dann sagte: "Die Pappel ist gefällt. Lassen wir es gut sein, und hoffen, dass wir in Zukunft vor solchen Maßnahmen informiert werden - wie es uns bei der Dialogveranstaltung versprochen wurde. "

DK