stadtgeflüster
Schöner radeln mit Handantrieb

30.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:51 Uhr

Ihre Leidenschaft für das Radfahren, das muss man ganz klar sehen, geht bei vielen Menschen leider nicht einher mit dem wünschenswerten technischen Verständnis.

Schlimmer noch: Dem notorischen Gewohnheitsradler gebricht es nur allzu häufig sogar am Interesse für einfachste technologische Zusammenhänge. Da mag einer auf Ingolstadts Straßen und Radwegen im Lauf seines Lebens schon den halben Erdball umrundet haben - die größte Herausforderung lauert am Ende beim Studium der Bedienungsanleitung seines neu erworbenen City-Rades.

Nicht etwa, dass es sich bei dieser Anschaffung um ein exklusives, hochpreisiges Exemplar mit allerlei Extras handeln würde, wie sie der örtliche Fachhandel in Fülle bereithält. Auch geben sich die Autoren der Bedienungsanleitung einige Mühe, um die extrem Begriffsstutzigen unter den Käufern verständlich in die Thematik einzuführen. "Eine Bremse ist eine technische Einrichtung zur Verzögerung eines Gegenstandes. " Das klingt vorderhand recht plausibel. Doch wer sich einbildet, auf eine Rücktrittbremse nicht verzichten zu können, muss bei der Funktionsprüfung derselben schon alles geben. "Fassen Sie den Gegenhalter an", lautet die vermeintlich klare Anweisung, "und prüfen Sie, ob er fest am Hinterbau-Unterrohr sitzt. "

Also frisch ans Werk, die Prüfung kann beginnen. Wir fassen den Hinterbau-Gegenhalter am Unterrohr an, ob er richtig sitzt. Aber halt, war es nicht doch das Hinterhalter-Gegenrohr, das wir am Unterbau fassen sollten? Und was ist überhaupt ein Gegenhalter? Und warum muss der eigentlich am Hinterbau-Unterrohr so fest sitzen?

Ach, das Radlfahren kann gerade jetzt im Sommer so schön sein - und so unkompliziert! "Der Lenker des Fahrrades fungiert als maßgebliches Element zur Richtungssteuerung. " Wer würde dem widersprechen. Da weiß man, woran man ist. Aber wehe, der Technikmuffel wird angehalten, die "Kappe an der Oberseite des Lenkervorbaus mit Innenklemmung" abzuziehen, um sodann die "innenliegende Schraube um ein bis zwei Umdrehungen entgegen dem Uhrzeigersinn" zu lösen. Wozu das Ganze? Keine Ahnung. Wobei die korrekte Handhabung des "Lenkervorbaus mit Außenklemmung" auch kein Zuckerschlecken sein soll, denn über diesem Kapitel steht fettgedruckt in der Bedienungsanleitung: "Beschädigungsgefahr! "

Möglicherweise besteht nach der Lektüre des Serviceheftes dringender Anlass für den Käufer des City-Rades, seine gesamte bisherige Existenz als Radler infrage zu stellen und neu zu überdenken. Handelte er doch bislang in der festen Überzeugung, dass er sein Zweirad durch kräftiges Treten in die Pedale in Bewegung zu setzen habe. Welch ein Irrtum!

Er hätte eigentlich die Hände nehmen müssen. Der Kernsatz in der Bedienungsanleitung lautet: "Fahrräder werden manuell angetrieben. "

rh