Verlockende Angebote

Wie Immobilienbetrüger ihre Opfer abzocken - Ingolstädter erstattet Anzeige

30.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:15 Uhr
Häuserfassaden in Bamberg. −Foto: Nicolas Armer/dpa/Archivbild

Ingolstadt - Der Traum von den eigenen vier Wänden ist in Ingolstadt und der Region nur mit großem finanziellem Aufwand zu erfüllen.

Die Turbulenzen rund um die Dieselkrise bei Audi hatten die seit Jahren nur noch aufwärts strebenden Immobilienpreise zuletzt zwar wieder sinken lassen, wie der Immobilienverband Deutschland feststellte. Die andauernde Corona-Krise könnte weiter zur Entspannung beitragen, doch letztlich bleibt die Schanz ein vergleichsweise teures Pflaster. Das nutzen Betrüger, um mit perfider Masche Geld zu machen, wie ein 56-jähriger Kaufinteressent erleben musste. Er ließ sich nicht ködern und erstattete Anzeige.

Der Mann arbeitet als Ingenieur für Software-Qualitätsmanagement, war im Mai aus Stuttgart zugezogen und möchte sich jetzt eine Eigentumswohnung zulegen. Also suchte er auf entsprechenden Internetportalen nach einem passenden Angebot. Auf immowelt. de stieß er auf eine Wohnung, die ihm zusagte: Dreieinhalb Zimmer in guter Lage in Ingolstadt-Haunwöhr, 89 Quadratmeter groß und bereits modernisiert, alles für 122300 Euro. "Ich habe mich noch über den günstigen Preis gewundert, vor allem über die krummen 300", berichtet der 56-Jährige. "Aber das Viertel hat mir gefallen, da hatte ich schon mal eine Wohnung besichtigt. "

Also bekundete er sein Interesse und erhielt bald darauf eine Antwort. Sie habe als Bauingenieurin in Ingolstadt gearbeitet, sei jetzt mit der Familie nach Großbritannien gezogen und wolle die Wohnung deshalb verkaufen, schrieb eine gewisse Jana M. an den Neu-Ingolstädter. Eine Agentur solle das für sie erledigen. Die Frau schickte eine Kopie ihres Passes mit und verlangte von dem Interessenten, seinen Ausweis ebenfalls zu fotografieren und ihr zukommen zu lassen, um seine Daten an die Agentur weiterzugeben.

Deren Internetportal glänzt zwar "mit Bombenseiten, das ist wirklich gut aufgemacht", sagt der 56-Jährige. Dahinter steckten aber nur beliebige Agenturbilder, fand er heraus. Seine Recherchen, wer sich hinter dem Webauftritt verbirgt, verstärkten seinen Argwohn weiter. Als er dann noch 4000 Euro als Pfand überweisen sollte, um den Schlüssel für eine Besichtigung zu erhalten, zog der Mann die Reißleine und ging am Mittwoch zur Polizei in Ingolstadt.

Einen tatsächlichen Schaden hat er nicht, außer dass die Kopie seines Ausweises wohl bei weiteren Betrügereien dieser Art zum Einsatz kommt. "Was mich besonders ärgert, ist der Umstand, dass es auf immowelt. de nicht einen einzigen Hinweis gibt, der einen vor solchen Betrügereien warnt", sagt der 56-Jährige. Er hat inzwischen die örtliche Sparkasse mit seinem Kaufwunsch aufgesucht und ist fündig geworden. "Das war alles so schnell, so akkurat und problemlos, das hat mich echt gefreut. "

Die Verantwortlichen des Immowelt-Portals verweisen auf ihr mehrstufiges Sicherheitssystem. "Dazu zählen unter anderem der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Kontrolle der Anzeigen, ein Sicherheitsteam aus rund 50 Mitarbeitern und ein Legitimierungsverfahren per Video-Identifizierung. " Jeden Tag würden mehrere Tausend Objekte eingestellt, im Vergleich dazu sei die Zahl der Betrugsfälle "sehr niedrig", teilte Immowelt-Sprecher Alexander Grohmann auf unsere Anfrage mit, ohne aber die Größenordnungen klar zu nennen. Sein Rat: "Wohnungssuchende dürfen vor der Unterzeichnung eines Mietvertrages niemals Geld vorab zahlen oder überweisen. Wenn im Vorfeld einer Besichtigung Geld verlangt wird, muss immer von Betrug ausgegangen werden. Oftmals klingen die Betrugsangebote auch zu gut, um wahr zu sein. Auch hier sollte dann Vorsicht geboten sein. "

Ins selbe Horn stößt die Polizei. "Die Masche ist eigentlich immer dieselbe", sagt Sina Bobek vom Ingolstädter Präsidium. "Die Eigentümer geben vor, im Ausland zu sein, dann meldet sich eine angebliche Agentur und will um die 5000 Euro. " Spätestens hier sollten die Alarmglocken schrillen, rät sie. Man könne außerdem die Google-Bildersuche bemühen, um herauszufinden, wie oft dieselbe Anzeige bereits geschaltet wurde. Drei Dinge liegen der Polizistin am Herzen: "Nichts im Voraus bezahlen, keine Passkopie verschicken, und den Vorfall unbedingt bei uns anzeigen! "

DK

Horst Richter