Schöne, schwere Stunden

12.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:26 Uhr

Momente des Glücks: Seit zwei Jahren reist Heidi Leimbeck mit ihren beiden Pferden Winnetou und Holly und drei Helfern in den Sommerferien ins Kinderhospiz St. Nikolaus im Allgäu. - Fotos: Staimer

Schrobenhausen (SZ) Eigentlich hat Heidi Leimbeck einen straffen Alltag. Als alleinerziehende Mutter, Krankengymnastin, Hippotherapeutin und Hobbygärtnerin geht ihr die Arbeit nie aus. Trotzdem engagiert sich die 49-Jährige mit Herzblut für die Hospizarbeit.

"Die Heidi ist eine Superengagierte", lobt Walburga Roth, Leiterin der Schrobenhausener Hospizgruppe. Nicht nur in Schrobenhausen sei Heidi Leimbeck immer wieder im Einsatz, wenn es darum gehe Menschen auf ihrem letzten Weg würdevoll zu begleiten.

Seit zwei Jahren besucht die Hippotherapeutin mit ihren beiden gutmütigen Therapiepferden Winnetou und Holly in den Sommerferien das stationäre Kinderhospiz St. Nikolaus in Bad Grönenbach, um schwerst kranken und behinderten Kindern ein Stück Glück auf dem Rücken der Pferde erlebbar zu machen. Mit Pferdehänger und ihrem vierköpfigen Team legt sie 360 Kilometer zurück. Um Kosten zu sparen wird gezeltet.

"Das ist kein Kirmesreiten", grenzt Heidi Leimbeck ihre Tätigkeit ab. Ohne Sattel, nur mit Therapiegurt und einem Elternteil als Stütze und vertraute Bezugsperson stehen die Kinder in unmittelbarem Kontakt mit dem Tier. Sie spürten die Wärme des Pferdes, die rhythmischen Bewegungen – wie im Mutterleib. Eine Mutter habe Leimbeck wenige Tage nach ihrem Besuch im Kinderhospiz angerufen. Ihr Kind sei entspannt wie lange nicht mehr und eine ganze Portion Nierengrieß sei abgegangen. Eine wunderbare Bestätigung, das Richtige zu tun.

All das, obwohl die gebürtige Schweinfurterin als alleinerziehende und voll berufstätige Mutter ohnehin schon viel an der Backe hat. "Hut ab, der Heidi ist nix zu viel", zollt Walburga Roth ihrer einsatzbereiten Mitstreiterin Respekt.

Eigentlich habe sie ihr Beruf als Krankengymnastik auf die Idee gebracht sich in der Hospizarbeit zu engagieren, erzählt Heidi Leimbeck. Immer wieder sei sie als behandelnde Therapeutin in ihrer 25-jährigen Tätigkeit bei Hausbesuchen am Bett von Patienten gestanden, deren Leben dem Ende entgegen ging. "Durchbewegen und die Lunge frei halten" gehöre zu den Aufgaben ihres Berufsstandes.

Die Menschen brauchten aber noch mehr, so ihre Erfahrung. Der soziale Beruf und der frühe Verlust der eigenen Eltern als Jugendliche seien es wohl gewesen, was Heidi Leimbeck vor drei Jahren dazu bewegte, die Ausbildung zur Hospizbegleiterin zu absolvieren. "Das ist eine unwahrscheinlich erfüllende Aufgabe", beschreibt Heidi Leimbeck ihre Begleitungen. Viele der Menschen, mit denen sie bis zum letzten Atemzug geht, könnten zwar nicht mehr sprechen, jedoch drücke ein Blick und ein Lächeln soviel mehr aus.

"Es sind schöne, schwere Stunden", beschreibt sie ihre Emotionen: Die schweren Momente, das Leid zu sehen, das gleichzeitige Glück, diese unbeschreibliche Dankbarkeit zu spüren. "Eine unwahrscheinlich erfüllende Aufgabe – da gehöre ich hin", sagt Heidi Leimbeck.

Walburga Roth dachte angesichts diesen großen Engagements sofort an Heidi Leimbeck, als sie vor etlichen Monaten von der Stadt um Vorschläge für vorbildliches ehrenamtliches Engagement in Schrobenhausen gebeten wurde. So wurde die Schrobenhausenerin im Sommer zusammen mit Vertretern von Feuerwehren, THW und anderen, die sich für die Gemeinschaft engagieren, ausgezeichnet – noch vom damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein. Als "unbezahlbare Leistung für die Gesellschaft" hatte Beckstein die ehrenamtliche Arbeit all der Versammelten bezeichnet, erinnert sich Heidi Leimbeck. Für sie war das ein zusätzlicher Ansporn weiterzumachen. So werden sie sicherlich noch lange weitergehen, die schönen, schweren Stunden.