Schmerzliche Vergangenheit

25.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

War es Liebe oder Missbrauch? Wo verläuft die Grenze? Rolf Germeroth und Vera Weisbrod sind Raymond und Una. - Foto: Pöhlmann

Ingolstadt (DK) Alice Asper kennt man in Ingolstadt durch ihre viel gelobte Inszenierung "Mythos, Propaganda und Katastrophe in Nazi-Deutschland und dem heutigen Amerika" – zu sehen im Frühsommer des Jahres im Kleinen Haus.

Aber auch durch das Drama "Die Kopien", das als Produktion des Staatstheaters Nürnberg 2008 den Preis der besten Aufführung der Bayerischen Theatertage erhielt. Nun hat sich Asper, diesmal wieder im Auftrag des hiesigen Theaters, erneut an einen zeitgenössischen Stoff gemacht: David Harrowers 2005 uraufgeführtes Zweipersonenstück "Blackbird" feiert unter ihrer Führung morgen Premiere in der Werkstattbühne.

Es ist, so lässt sich vermuten, ein schwieriges Stück: Pausenlose eineinhalb Stunden lang, immer am selben Ort spielend – ein verlotterter Aufenthaltsraum einer Firma – und ein Thema behandelnd, das Asper "äußerst sensibel" nennt. Es geht um Una und Ray, die ein Liebespaar waren, als das Mädchen zwölf und der Mann 40 Jahre zählte. Und die sich nun, 15 Jahre nach Rays Verhaftung und Gefängnisstrafe, treffen zum Gespräch. Weil Una das will, weil sie den widerstrebenden Mann, der die Vergangenheit begraben hat und längst ein neues Leben unter neuem Namen und mit Frau und Kindern lebt, schließlich aufgespürt hat und zwingt zum Dialog.

Ein Missbrauchsstück also? "Nein", sagt Alice Asper nachdenklich, denn der sei ja Fakt, geahndetes Verbrechen. "Es geht um die Figuren!" Darum, wie man umgehe mit schmerzlicher Vergangenheit und ihren Folgen, mit Situationen, die sich dem individuellen und gesellschaftlichen Wunsch nach Klarheit, Schwarz und Weiß verweigern, um Realitäten des Menschseins letztlich, die keiner will und die doch existieren. Deshalb mag Asper dieses Stück: "Weil es nicht verurteilt, nicht anklagt, sondern das Menschliche und dessen Grenzen zeigt." Und die Zuschauer damit fordert. "Mir geht es nicht darum, zu einem Schluss zu kommen, sondern darum, Fragen zu stellen", sagt der 43-jährige britische Autor, dessen "Messer in Hennen" (1997) ebenfalls schon in Ingolstadt zu sehen war, über sein Stück. Und Alice Asper fasst seinen Blickpunkt zusammen: "Wir zeigen einfach, wie zwei Menschen umgehen mit so einer Vergangenheit – und wir wollen wissen, was ihr darüber denkt."

Premiere ist morgen, Freitag, um 20 Uhr in der Werkstatt. Karten unter Telefon (08 41) 30 54 72 00.