Landershofen
Schlammkur für die Umwelt

Wasserwirtschaftsamt betreibt umfangreiche Pflege der biologisch wertvollen Altgewässer

20.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Das Altgewässer nahe der Landershofener Brücke gilt als wertvolles Biotop. Um es in seinen Funktionen zu erhalten, holt ein Bagger den überflüssigen Schlamm aus dem Grund. Das Material ist unbelastet und wird Landwirten kostenlos als Dünger überlassen. - Foto: Bartenschlager

Landershofen (EK) Wie ein Naturidyll sieht der Altarm der Altmühl bei Landershofen wirklich nicht aus: Graubrauner Modder säumt in großen Haufen das Ufer. Ein Bagger arbeitet daran, die Schlammberge noch zu erhöhen. Und jede Schaufel, die triefend aus der Tiefe geholt wird, nutzt der Umwelt.

Altarme gehören zu den wertvollsten Biotopen im Lebensbereich Fluss. „Das sind wesentliche Bestandteile der Auen“, erklärt Martin Burkhart vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ingolstadt. Sie erfüllen zahlreiche Funktionen und bieten vielen Tieren und Pflanzen eine Heimat. Die ungebändigte Altmühl war einst aus eigener Kraft imstande Altarme auszubilden. Inzwischen ist der Fluss domestiziert, hat die Fähigkeit, seinen Lauf zu ändern, verloren und ist daher auf die Unterstützung durch den Menschen angewiesen – genauer gesagt auf die Hilfe des Wasserwirtschaftsamtes.

Das WWA Ingolstadt betreut rund 70 Altarme entlang der Altmühl. Alle sind fein säuberlich in einem Kataster erfasst und für jeden einzelnen haben die Experten ein bestimmtes Ziel ausgearbeitet. Altarme unterliegen einem bestimmten Lebenszyklus: Im Lauf der Zeit verlanden sie. Wenn der Mensch nicht eingreifen würde, gäbe es in absehbarer Zeit keine derartigen Biotope entlang der Altmühl mehr. Das Wasserwirtschaftsamt will das verhindern und möglichst alle Stadien dieser besonderen Gewässer erhalten.

Dazu gehört, dass manche von ihnen tatsächlich verlanden und damit verschwinden dürfen. „Dafür schaffen wir an anderen Stellen neue Altarme, wie erst heuer bei Dollnstein“, erklärt Burkhart. Das rund 100 Meter lange Gewässer nahe der Landershofener Brücke soll dagegen in seinem jetzigen Zustand erhalten bleiben.

Deshalb ist ein 300 PS starker Bagger mit einem extra langen Ausleger angerollt gekommen; in diesem Fall sind es 18 Meter. Immer wieder durchbricht der Greifarm die Wasseroberfläche und holt den Schlamm heraus – 1,2 Kubikmeter pro Schaufel. Der Baggerführer benötigt Erfahrung und auch Fingerspitzengefühl. Denn die Ufer sind biologisch zu wertvoll, um abgegraben zu werden – deshalb der lange Greifarm. Nur die Mitte muss vom Modder befreit werden. Zu tief darf der Mann im Führerhaus die Schaufel aber auch nicht absenken, das Kiesbett bleibt unangetastet.

Burkhart marschiert entlang der Schlammberge zur Mündung. Der Altarm ist unterstromig angebunden, das heißt, er zieht sich stromaufwärts der Altmühl entlang. Zufrieden nickt der Diplom-Ingenieur. Die Mündung ist wieder frei. Gerade bei Hochwasser führt die Altmühl viele Feinstoffe mit sich, die sie dann vorzugsweise an den sensiblen Mündungen ablagert. Ein verriegeltes Altgewässer hätte erhebliche Konsequenzen.

Altarm und Fluss führen eine dynamische Wechselbeziehung. Im Altarm laichen die Fische, wachsen Jungfische auf und ziehen sich Fische zur Winterruhe zurück. Auch bieten sie Lebensraum für Amphibien, Reptilien und Insekten. Burkhart zählt zwei weitere Funktionen auf: „Intakte Altgewässer stärken das Wasserrückhaltevermögen der Aue und sie werten das Landschaftsbild auf.“ Deshalb muss der Bagger regelmäßig, alle 15 bis 20 Jahre, anrücken.

Das Zeitfenster für derartige Arbeiten ist klein: Es erstreckt sich zwischen Oktober und November und muss abgeschlossen sein, bevor sich die Amphibien zur Winterruhe in den Schlamm eingraben. Für die Saison heuer hat das WWA sechs derartige Maßnahmen eingeplant: Außer nach Landershofen rollen die Bagger beispielsweise zur Bubenrother Mühle, Kratzmühle und zum Campingplatz bei Beilngries. Alle stets in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und den örtlichen Fischereivereinen.

Ganz billig ist die Sache übrigens nicht: Eine kleinere Maßnahme wie bei Landershofen kostet das WWA etwa 5000 Euro. Es kann aber auch locker mal das Zehnfache ausmachen. Und nicht einmal mit dem – unbelasteten – Schlamm lässt sich ein Geschäft machen. Den bekommen Landwirte umsonst und in der Regel sogar noch frei Haus geliefert.