Schiller als toller Ghostwriter

05.05.2008 | Stand 03.12.2020, 5:56 Uhr

Claus Lessmann von Bonfire auf dem blauen Sofa im Gespräch mit Jutta, Frieda und Anna (von links) aus der DK-Jugendredaktion. - Foto: Boos

Ingolstadt (DK) Ins Theater gehen nur die wenigsten Jugendlichen gerne. Viele finden es langweilig, und es erinnert sie an eine Pflichtveranstaltung. Zumindest war das so, bis "The Räuber" im Ingolstädter Theater aufgeführt wurde, denn für dieses Stück schrieb die Ingolstädter Rockband Bonfire die Bühnenmusik und spielt sie live auf der Bühne.

Als die Anfrage vom Theater kam, hatte Lessmann mit Theater nichts am Hut. "Schon als ich das Gelb der Reclam-Heftchen, die ich während meiner Schulzeit so gehasst habe, gesehen habe, wurde mir schlecht", erzählt er lachend. Dementsprechend gering waren auch seine Erwartungen an das Stück. Durch die tolle Zusammenarbeit mit den Schauspielern und den Leuten hinter der Bühne konnte der Bonfire-Frontmann seine Meinung dem Theater gegenüber jedoch schnell ändern. "Diese Teamarbeit ist wirklich bewundernswert", schwärmt er. "Theater und Musik, beides sind Emotionen, da gibt es viele Parallelen." Er schuf sich Sympathieträger und stellte fest, dass das Stück eigentlich topmodern ist. Denn schließlich gibt es Liebe, Hass, Gier und Rache nach wie vor.

So stellte sich Lessmann die Hauptperson des Stücks, Karl Moor, in der Besetzung von Kevin Costner vor, um sich das Lesen zu erleichtern. Die Band merkte beim Schreiben der Songtexte, wie viel Kraft in den Texten Schillers steckt. Lessmann: "Einen besseren Ghostwriter als Schiller kann man gar nicht haben. Der drückt doch glatt Dieter Bohlen weg."

Hat sich der Aufwand für das Mitwirken bei diesem Theaterstück bezahlt gemacht? Lessmann: Man müsste das von der idealistischen Seite sehen. "Es ist das erste Mal, dass wir so etwas gemacht haben, und es gab keine Erfolgsgarantie. Trotzdem sind wir mit 100 Prozent an die Sache rangegangen, und nachdem der Druck nach dem ersten Auftritt von uns gefallen ist, konnten wir sagen, dass es sich gelohnt hat", erklärt er. Er könnte sich auch vorstellen, in anderen Stücken mitzuwirken. "Sogar Romeo und Julia wäre in Ordnung. Lovesongs sind mein Metier!", meint er.

Die Mitglieder von Bonfire sind Berufsmusiker und leben von der Musik "ganz ordentlich". Lessmann selber hat zwar nach dem Abitur am Apian-Gymnasium angefangen, Biologie zu studieren, hat dann aber aufgehört, weil die Band zu viel Zeit erforderte. Um die Zukunft sorgt sich Lessmann nicht: "Rock ist eine ehrliche, zeitlose Musik. Solange die Band noch läuft, mache ich mir da keine Gedanken, und danach geh’ ich zum Angeln", witzelt er. Nur mit der Bezeichnung "Altrocker" hat der Bonfire-Frontmann ein Problem. "Das hört kein Rocker gern", meint er. "Das klingt so, als wäre man zu alt zum Rocken!" Mit diesem grausamen Wort sollten die Leute vorsichtiger umgehen.

Und was hört ein Rocker in der Freizeit? "Natürlich vor allem Rock, aber ab und zu auch etwas Klassik. Wenn, dann aber nur leichte Klassik mit Melodien, die man nachpfeifen kann, wie ,Die kleine Nachtmusik’ von Mozart", antwortet er lächelnd. "Rachmaninow ist natürlich auch künstlerisch wertvoll, hat aber eine so komplizierte Melodie. Das groovt für mich nicht!"

Claudia Drotleff (15)