München
Schatz der Menschheit

Kleine Nachbildung der Höhle von Lascaux in München - Wanderausstellung erstmals in Deutschland zu sehen

22.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:44 Uhr
Für "Lascaux - Die Bilderwelt der Eiszeit" wurde ein Teil der Höhle in der Dordogne mit 3D-Lasertechnik originalgetreu nachgebildet. Besondere Effekte werden mit Schwarzlicht erzeugt. Die Ausstellung tourt seit Jahren durch die Welt. −Foto: Baudier-SPL, MCC

München (DK) Die Malereien der Höhle von Lascaux in der französischen Dordogne gelten als "Geburtsstunde der Kunst", die Felswände werden als "Sixtinische Kapelle der Frühzeit" bezeichnet, Vergleiche mit der Monumentalität in der Kunst Michelangelos werden gezogen, die Stiere und Pferde werden mit der Kunst des Pablo Picasso verglichen.

Es ist ein "Schatz der Menschheit", diese Kunst aus der Eiszeit - und sie muss inzwischen vor der Atemluft der Menschen geschützt werden. Deshalb ist das 1940 entdeckte Original schon seit 1963 nicht mehr zugänglich. "Lascaux 2", eine großformatige Replik vom sogenannten "Saal der Stiere", wurde 1983 in der Dordogne für Touristen geöffnet; 2012 wurde mit "Lascaux 3" eine Wanderausstellung eröffnet, die jetzt in der Kleinen Olympiahalle in München Station macht.

Höhlen der frühen Menschheitsgeschichte gibt es nicht nur in Europa, sondern auch auf den amerikanischen Kontinenten, in Indonesien und vor allem in Afrika - die Blombos Cave in Südafrika ist 77000 Jahre alt. Die Malereien von Lascaux sind nach neuesten Schätzungen 20000 Jahre alt. Wer je eine originale Höhle besichtigt hat, der weiß, dass auch ein für Touristen aufbereiteter Besuch ein kleines Abenteuer ist: Es ist kalt und feucht und finster, der Boden ist rutschig, die Gänge sind eng - nichts für Klaustrophobiker.

Deshalb sind Höhlennachbildungen immer die Version "light", die sich bequem erleben lässt. Das gilt für die Nachbildung der Altamira-Höhle im Deutschen Museum ebenso wie für die jetzt gastierende Wanderausstellung. Das Plus dieser Nachbildungen ist die angebotene Didaktik: In der Kleinen Olympiahalle ermöglicht eine Vielzahl von Videos und interaktiven Bildschirmen, dass jeder sich Wissen über die Eiszeit erarbeiten kann. Dass damals die Nähnadel erfunden wurde - die aus Rentierknochen gefertigt wurden - oder aus welchen Erdpigmenten die Farben hergestellt wurden, wird anschaulich dargestellt. Auch der besondere Stil von Lascaux in der Darstellung von Stieren, Pferden, Bisons, Auerochsen und Hirschen wird auf Touch-Screens verdeutlicht. Entdeckt wurde die Höhle 1940 durch vier Jugendliche, die in ein unscheinbares Erdloch hinab kletterten. Große Verdienste um das Erkennen und Bewahren der Zeichnungen erwarb sich André Glory, der zwischen 1952 und 1963 rund 1500 Tierbilder auf Transparentpapier übertrug. Er musste dies nachts tun, denn tagsüber war die Höhle für Besucher geöffnet. Im Vergleich dazu eröffnet die moderne Computer- und Drucktechnik neue Möglichkeiten. So wird das dreifach verzweigte Höhlensystem, das eine Länge von 250 Metern misst, in der Ausstellung im Miniaturformat gezeigt, wodurch sich die Formung des Kalksteins und die Enge der Gänge erahnen lässt.

Im Zentrum der Schau stehen fünf Wandstücke, die dank 3D-Laser-Scans in Originalgröße nachgebildet wurden. Kunststudenten haben die Felszeichnungen und Ritzbilder auf die Oberfläche projiziert und sie mit Pinsel und Pigmentfarben übertragen. Besondere Effekte werden in der Schau durch Schwarzlicht erzeugt, das die weiß eingefärbten Ritzungen sichtbar macht. Im Hinblick auf die Lebenswelt der ursprünglichen Künstler wäre es freilich reizvoll gewesen, mit LED-Technik eine Art flackerndes Feuer zu erzeugen, das die Tierdarstellungen scheinbar in Bewegung versetzt hätte. Vorrangig sind aber in dieser Simulation der Höhle die Anforderungen des Brandschutzes und die Ausstattung mit Sitzbänken.

Die Ausstellung "Lascaux - die Bilderwelt der Eiszeit" ist kein Abenteuerspielplatz - das sollte jeder bedenken, der einen Besuch der Ausstellung plant. Aber lehrreich ist der Rundgang durch die drei Säle im Untergeschoss der Betonarchitektur in jedem Fall. Die Hoffnung der Verantwortlichen der Dordogne ist, dass diese Wanderausstellung, die aus Tokio nach München kam, Lust macht auf die 9000 Quadratmeter "Lascaux 4", ein modernes Ausstellungsareal bei Montignac, wo ein originalgetreu nachgebauter Höhlengang und ein 3D-Kino auf die Besucher warten.

Kleinen Olympiahalle, bis 8. September, täglich 8 bis 20 Uhr, Infos unter www. lascaux-ausstellung. de.

Annette Krauß